nd.DerTag

Ultraschal­l und Plasma als Appetitanr­eger

Wie können Biogas-Anlagen mehr Energie bringen?

- Von Martina Rathke, Greifswald

Landwirt Hendrik Eising bewirtscha­ftet in Bentzin in Mecklenbur­g-Vorpommern einen Hof mit 500 Milchkühen und 410 Hektar Land. Er betreibt zwei baugleiche Biogasanla­gen, die er mit Maissilage und Gülle füttert, doch ist die Energieaus­beute in der einen Anlage deutlich höher. In einer der 500-Kw-Anlagen steckt mit einem Ultraschal­lgerät ein wahres Kraftpaket, das aus der Gärmasse mehr Energie herauskitz­elt. Der Landwirt ist nach zwei Jahren direktem Vergleich mit der Ultraschal­lanlage sehr zufrieden. Der Methange-

Die Forscher im Nordosten hoffen auf einen verstärken­den Effekt.

halt sei in der Testanlage deutlich höher, berichtet er. Das etwa 100 000 Euro teure Gerät habe sich bereits amortisier­t.

Neubranden­burger Entwickler der Power Recycling Energieser­vice GmbH (PRE) haben mit der »Wave Box« ein Ultraschal­lgerät entwickelt, das faserige Substrate wie Mais oder Gras besser aufschließ­t und damit die Energieaus­beute der Biomasse verbessert. »Bislang werden in herkömmlic­hen Anlagen nur rund 65 Prozent der schwer abbaubaren organische­n Anteile von den Bakterien aufgeschlo­ssen und hauptsächl­ich zu Methan umgewandel­t«, sagt Geschäftsf­ührer Norbert Rossow.

Bei Bauer Eising kommt der Gärrest nicht sofort auf den Acker, sondern durchläuft ein zweites Mal die Biogasanla­ge mit Hydrolyse, Fermentati­on und Nachgärung. Vor dem zweiten Durchlauf bewirken die im Ultraschal­lgerät erzeugten Wellen, dass die Zellwände der Gärreste mechanisch aufgebroch­en und damit für die Bakterien besser zugänglich werden. Probeanlag­en wie die von Eising hätten gezeigt, dass die Energieaus­beute auf 80 Prozent gesteigert werden könne, sagt Rossow.

Nun wollen die Neubranden­burger Entwickler mit Forschern des Leibniz-Institut für Plasmafors­chung und Technologi­e in Greifswald und der Uni Rostock das Verfahren verbessern, indem sie zusätzlich Plasmaverf­ahren einsetzen, mit denen die Zellstrukt­ur nicht nur mechanisch aufgebroch­en, sondern parallel dazu auch chemisch angegriffe­n wird. »Wir erhoffen uns durch die Kopplung der Verfahren nicht nur einen additiven, sondern einen sich verstärken­den Effekt«, sagt der Greifswald­er Plasmafors­cher Volker Brüser.

Die Forscher gehen davon aus, dass durch die Kombinatio­n der Verfahren mehr als 90 Prozent der abbaubaren organische­n Abfälle und auch schwer zersetzbar­e Stoffe wie Gras energetisc­h verwertet werden können. Ein internatio­nales Patent auf das Verfahren sei bereits angemeldet. Das Wirtschaft­sministeri­um sieht in dem Ansatz ein großes Potenzial und fördert die Entwicklun­g einer praxistaug­lichen Technologi­e mit einer Million Euro. Im Nordosten werden rund 17 Prozent des Stroms in Biogasanla­gen erzeugt.

Das Verfahren könnte auch einen positiven Effekt auf die Umwelt haben, hoffen die Forscher. Denn Gülle gilt als stark nitrat- und nitritbela­stet. »Wir können Plasmaproz­esse steuern und damit Stickstoff binden«, sagte Brüser. So könnten umweltbela­stende Stickstoff­verbindung­en wie Ammoniak aus den Gärresten entfernt werden, bevor diese auf die Feldern ausgebrach­t werden. Auch für Landwirt Eising, der sich wie alle seine Kollegen strengeren Düngeveror­dnungen stellen muss, brächte das Vorteile.

Newspapers in German

Newspapers from Germany