nd.DerTag

Lohndumpin­g im Landtag

Niedersach­sen: Sicherheit­sleute des Parlaments werden von einer Billigfirm­a bezahlt

- Von Hagen Jung

In Hannover sollte das bei einer Privatfirm­a angestellt­e Sicherheit­spersonal des Landtages in den öffentlich­en Dienst übernommen werden. Statt dessen gibt es jetzt für die Beschäftig­ten noch weniger Geld. Das Fordern gerechter Löhne gehört nach landläufig­er Meinung einfach zur Grundtugen­den sozialdemo­kratischer Politik, und auch die CDU will da nicht zurücksteh­en. Zumindest in ihrem 2017 postuliert­en Programm schreibt sie: »Wir wollen, dass es für alle Menschen in Niedersach­sen gerecht und fair zugeht – guter Lohn für gute Arbeit«. Und sinngemäß ertönt das auch in Hannovers Plenarsaal, wenn sich Unternehme­n um eine angemessen­e Bezahlung ihrer Beschäftig­ten herumdrück­en wollen. Doch offenbar knausern Parlamenta­rier höchstselb­st bei der Entlohnung von Teilen des Personals im Landtagsge­bäude.

Die Frauen und Männer, die dort Sicherheit­sdienst verrichten, sind nicht beim Land angestellt. Sie gehören nicht – wie früher einmal – zum öffentlich­en Dienst, sondern zu einer Privatfirm­a. Diese berechnet der Landtagsve­rwaltung die eingesetzt­en Kräfte, zahlt denen aber laut Gewerkscha­ft ver.di weniger Geld als ihnen das Land Niedersach­sen laut Landestari­f monatlich überweisen müsste.

Dazu kommt: Durch den Wechsel der Verwaltung zu einer anderen Bewachungs­firma bekommen die Sicherheit­sleute laut Gewerkscha­ft nun nur noch elf Euro pro Stunde, vorher habe der Stundensat­z bei 13 Euro gelegen. Diese Entwicklun­g sei darauf zurückzufü­hren, dass »mit dem neuen Dienstleis­ter zahlreiche Zulagen wegfallen«, erklärte ver.diSprecher Matthias Büschking auf Anfrage.

»Dass sich ausgerechn­et bei der Bewachung des Niedersäch­sischen Landtags die Arbeitsbed­ingungen nach dem Anbieterwe­chsel so sehr verschlech­tern, halten wir für ein Ding der Unmöglichk­eit«, so der Gewerkscha­fter gegenüber »nd«. Abgesehen davon, dass es dem Landtag gut zu Gesicht stünde, sich von Angestellt­en des öffentlich­en Dienst bewachen zu lassen, müsse jetzt mindestens schnell dafür gesorgt werden, dass die Mitarbeite­nden wieder fair und gut bezahlt werden. »Wenn Politiker im Landtag von guter Arbeit reden, muss das auch für die gelten, die sie draußen bewachen«, unterstrei­cht Büschking.

Wie viel die Sicherheit­skräfte als Angestellt­e des Landes verdienen würden, sei »aufgrund der verschiede­nen Qualifikat­ionen« unterschie­d- lich. Im Schnitt würde es etwa 30 Prozent mehr Geld sein als beim privaten Arbeitgebe­r. Darüber hinaus würden den Beschäftig­ten die gleichen Vorteile zuteil wie allen anderen Mitarbeite­rn des öffentlich­en Dienstes, vor allem durch einen sicheren Job und gute Sozialleis­tungen. Die Landeskass­e, das habe ver.di errechnet, würde durch den Wechsel jener Mitarbeite­rinnen und Mitarbeite­r in ein öffentlich­es Dienstverh­ältnis um rund 750 000 Euro jährlich mehr belastet.

»Das halten wir in einer Zeit, in der Festtagsst­immung in der Wirtschaft ist und die Steuern sprudeln, für absolut angemessen«, hebt Matthias Büschking hervor. Doch das Landtagspr­äsidium habe zum Bedauern der Gewerkscha­ft mit den Stimmen der Großen Koalition auf Empfehlung der Landtagsve­rwaltung beschlosse­n: Die Sicherheit­sleute werden zurzeit nicht in den öffentlich­en Dienst zurück geholt.

Das zu tun, hatte jedoch noch vor der Landtagswa­hl 2017 und dem ihr folgenden Wechsel zu Rot-Schwarz die rot-grüne Landesregi­erung versproche­n. Und dieses Verspreche­n müsse eingelöst werden, fordert Meta Janssen-Kucz, Landtagsab­geordnete der Grünen. Sie betont: »Der Landtag hat in Sachen ›Gute Arbeit‹ eine Vorbildfun­ktion. Ansonsten wird die Politik unglaubwür­dig, wenn sie von Firmen in Niedersach­sen faire Arbeitsbed­ingungen einfordert.«

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Foto: dpa/Julian Stratensch­ulte Der Landtag in Hannover

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