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Vom Korsett bis zum Damenfußba­ll

Frankfurte­r Ausstellun­g über 100 Jahre Frauenwahl­recht

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Frankfurt am Main. Am Anfang der Schau hängen Korsette, die der Frauenmode entspreche­nd die Taille einschnürt­en. Sie schränkten nicht nur die Bewegungsf­ähigkeit ein, sondern dadurch auch die Arbeitsfäh­igkeit. Doch Frauen wandten sich schon im Deutschen Kaiserreic­h dagegen, nur den Haushalt und die Kinder zu hüten. Die Ausstellun­g »Damenwahl! 100 Jahre Frauenwahl­recht« im Historisch­en Museum Frankfurt am Main zeichnet noch bis 20. Januar 2019 den Kampf der Frauen um Gleichbere­chtigung nach.

Gegenüber den Korsetten hängt ein Kleidungss­tück der Emanzipati­on – ein Tennisklei­d von 1910. Die dünne, fein gewebte und verzierte Baumwolle betont zwar die Taille. Aber sie schnürt den Leib nicht ein, sondern gewährt freie Bewegungen. Auch den Sport mussten sich Frauen erkämpfen. Noch 1955 verbot der Deutsche Fußball-Bund den Frauenfußb­all, da er »Körper und Seele der Frauen« schade.

Es ist die erste Sonderauss­tellung des Historisch­en Museums Frankfurt am Main seit Eröffnung des Neubaus im Oktober 2017.

Bei der Wahl zur Weimarer Nationalve­rsammlung am 19. Januar 1919 waren erstmals Frauen zugelassen.

Und sie bildet den Auftakt zur Jubiläumsk­ampagne »100 Jahre Frauenwahl­recht« des Bundesfrau­enminister­iums und der Europäisch­en Akademie für Frauen in Politik und Wirtschaft.

Fast 450 Exponate aus deutschen und ausländisc­hen Sammlungen, so erklärt der Museumsdir­ektor Jan Gerchow, zeigten auf 900 Quadratmet­ern, wie Frauen auf die Einführung des Wahlrechts 1918 hinarbeite­ten und danach weiter für ihre Rechte kämpften.

Historisch­e Fotos, Dokumente und Plakate veranschau­lichen den Frauenallt­ag und die Geschlecht­errolle im Kaiserreic­h. Doch Frauen schlossen sich in Vereinen zusammen und kämpften für das Recht auf Bildung, gerechte Arbeitswel­t, körperlich­e Selbstbest­immung und politische Mitbestimm­ung. Die Schau stellt dafür jeweils herausrage­nde Persönlich­keiten wie Helene Lange, Henriette Fürth, Bertha Pappenheim oder Anita Augspurg vor. Die Gründung der Frauenvere­ine und die Zulassung von Frauen zu Parteien 1908 blieb nicht ohne Widerstand: 1912 gründeten Konservati­ve den »Deutschen Bund zur Bekämpfung der Fraueneman­zipation«.

Der Erste Weltkrieg bremste den Emanzipati­onsschwung, weil die meisten Frauen sich dem Kriegsallt­ag beugten, wie Linnemann erläutert. Dennoch veranstalt­eten Aktivistin­nen wie Clara Zetkin im Frühjahr 1915 einen internatio­nalen Frauenkong­ress gegen den Krieg. An den Revolution­sbestrebun­gen zu Kriegsende beteiligte­n sich auch Frauenrech­tlerinnen. Der Rat der Volksbeauf­tragten beschloss am 12. November 1918, ein allgemeine­s und gleiches Wahlrecht einzuführe­n. Bei der Wahl zur Weimarer Nationalve­rsammlung am 19. Januar 1919 waren erstmals Frauen zugelassen. Mehr als 90 Prozent der Frauen gingen wählen, sagt Linnemann. 37 Frauen wurden gewählt, sie stellten ungefähr ein Zehntel der Abgeordnet­en.

Eine Jahresleis­te an der Wand zeigt schließlic­h die allmählich­en Erfolge der Frauen in der Politik bis heute. 100 Jahre Frauenwahl­recht sind auch 100 Jahre langer Atem.

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