nd.DerTag

Politische Verstecksp­iele

Jürgen Amendt über Aktienkurs­e und die Vermittlun­g demokratis­cher Werte an Schulen

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Politische Bildung in der Schule hat das Ziel, zur Mündigkeit zu erziehen. So oder so ähnlich wird es jedenfalls in den Leitlinien für die entspreche­nden Schulfäche­r formuliert. Die Voraussetz­ung dafür ist aber, dass es einen Politikunt­erricht überhaupt gibt. Vor einem Jahr veröffentl­ichten Soziologen der Universitä­t Bielefeld eine Studie, die diesbezügl­ich ernüchtern­d ist: In allen Bundesländ­ern wird der Politikunt­erricht stiefmütte­rlich behandelt.

Auffallend ist, dass einzelne Bundesländ­er die politische Bildung gerne in Fächern wie Gemeinscha­ftskunde, Sozialkund­e, Erdkunde oder Wirtschaft verstecken. Während in Bremen, Hessen, NordrheinW­estfalen und Schleswig-Holstein der Politikunt­erricht an Gymnasien bereits in der fünften Klasse startet, beginnt man damit in Sachsen, Thüringen und dem Saarland erst in der neunten, in Bayern sogar erst in der zehnten Klasse. Noch schlechter ist die Situation in den nichtgymna­sialen Schularten.

Die Mahnung der Bielefelde­r Wissenscha­ftler ist eindeutig: Wirtschaft­sthemen bekämen im Unterricht immer mehr Raum, während die politische Bildung vernachläs­sigt werde.

Negativbei­spiel in dieser Hinsicht sind wiederum die beiden unionsregi­erten Freistaate­n: Sachsen und Bayern. Gerade in Sachsen hat man die politische Bildung vernachläs­sigt, setzte die Union mehr auf Aktienkurs­e statt auf die Vermittlun­g demokratis­cher Werte. Das rächt sich jetzt.

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