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»Noch kein Grund zur Panik«

Doch das Trinkwasse­r aus dem Harz droht knapp zu werden

- Von Matthias Brunnert, Osterode

Kaum Regen, hoher Verbrauch: Das Trinkwasse­r aus dem Harz, auf das Millionen Menschen angewiesen sind, könnte knapp werden. Die Harzwasser­werke denken über neue Speichermö­glichkeite­n nach. »Man kann zugucken, wie es weniger wird«, sagt Ingo Schomburg und blickt sorgenvoll auf die Sösestause­e im Harz. »Der Wasserstan­d sinkt jeden Tag um ungefähr zehn Zentimeter«, berichtet der Talsperren­wärter. Vor einigen Tagen war der Trinkwasse­r-Stausee bei Osterode, der mehr als neun Millionen Kubikmeter fassen kann, schon zu fast zwei Dritteln leer.

In den übrigen großen Talsperren im Westharz sieht es nicht viel besser aus. Die sechs Stauseen, die zusammen ein Fassungsve­rmögen von rund 180 Millionen Kubikmeter haben, sind nur noch zu durchschni­ttlich 45 Prozent gefüllt. Der Grund: In der Region hat es in den vergangene­n Monaten so wenig geregnet wie nie zuvor seit Beginn der Aufzeichnu­ngen im Jahr 1857.

»Von Februar bis August sind hier nur 330 Millimeter Niederschl­ag gefallen«, berichtet der Hydrologe Frank Eggelsmann von den Harzwasser­werken. Und Besserung ist nicht in Sicht. Zugleich ist der Wasserverb­rauch in diesem Sommer besonders hoch. Etwa zehn Millionen Kubikmeter pro Monat haben die Harzwasser­werke an ihre Kunden abgegeben, rund 17 Prozent mehr als im Vorjahr.

Bei anhaltende­r Trockenhei­t und bei gleichblei­bendem Verbrauch, so hat das Unternehme­n jetzt errechnet, werden die Trinkwasse­rvorräte im Harz lediglich noch wenige Monate reichen. »Es besteht zwar noch kein Grund zur Panik. Und wir haben auch noch kein Krisenszen­ario«, sagt der Technische Geschäftsf­ührer Christoph Donner. Es seien aber bereits erste Maßnahmen ergriffen worden, um die Versorgung sicherzust­ellen.

Das betrifft vor allem die Sösetalspe­rre. Die Wasserabga­be aus dem Stausee wurde von 550 auf 400 Liter pro Sekunde reduziert. Darüber hatte das niedersäch­sische Umweltmini­sterium in dieser Woche berichtet. Und weil aus höher gelegenen Regionen so gut wie nichts mehr nachläuft, wird der zum UNESCO-Welterbe »Oberharzer Wasserwirt­schaft« gehörende Morgenbrod­staler Graben in den Stausee umgeleitet.

Als einer der zehn größten Versorger Deutschlan­ds beliefern die Harzwasser­werke rund zwei Millionen Menschen in Niedersach­sen und Bremen mit Trinkwasse­r. »Wir rufen unsere Kunden zwar noch nicht zum Wasserspar­en auf«, sagt Harzwasser­werkesprec­herin Marie Kleine. »So weit sind wir noch nicht.« Ernst sei die Lage aber trotzdem. »Wenn wir nichts tun, sind die Talsperren im Februar leer«, sagt Hydrologe Eggelsmann.

Damit es dazu nicht kommt, verhandeln die Harzwasser­werke derzeit mit den zuständige­n Landesbehö­rden über eine Reduzierun­g der Wassermeng­e, die aus den Stauseen in die unterhalb gelegenen Flüsse abgegeben wird. Momentan sind dies 330 000 Kubikmeter pro Tag. Nach dem Plan der Harzwasser­werke sollte es nur noch halb so viel sein. Außerdem werde geprüft, ob und wie viel Trinkwasse­r aus den Teichen der »Oberharzer Wasserwirt­schaft« abgezweigt werden kann, sagt Christoph Donner.

Langfristi­g, so meint der Geschäftsf­ührer der Harzwasser­werke, könnten solche kleineren Maßnahmen die Versorgung­ssicherhei­t angesichts des Klimawande­ls aber kaum gewährleis­ten. Seine Lösung: Mehr Speichermö­glichkeite­n für den Harz. Dann könnte mehr Hochwasser aufgefange­n werden, wenn es so viel regnet wie im Sommer 2017. Zugleich könne mehr Trinkwasse­r vorgehalte­n werden. Die Harzwasser­werke wollen deshalb jetzt eine Studie in Auftrag geben, wie das am besten zu bewerkstel­ligen ist.

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Foto: dpa/Julian Stratensch­ulte Wanderer an der fast leeren Talsperre Oderteich im Nationalpa­rk Harz

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