Perus weißes Gold
Der helle Kakao ist bei Chocolatiers sehr gefragt, eine EU-Verordnung bedroht ab 2019 jedoch den Import
Kakao gehört zu den traditionellen Exportprodukten Perus. Die Kleinbauern produzieren kleinere Mengen oft wenig bekannter Sorten. Das hat die Edelschokoladen-Hersteller auf das Land aufmerksam gemacht.
Vor allem für ihre Limetten ist die Region von Piura landesweit bekannt, denn ohne Limetten lässt sich das peruanische Nationalgericht Ceviche nicht zubereiten. In dem Limettensaft garen nämlich die Fischstücke. Doch seit 2007 hat die ganz im Norden Perus, nahe der Grenze zu Ecuador liegende Region eine zweite Attraktion: den weißen Kakao. Die Bohnen der etwas kleineren Schoten aus der Region von Palo Blanco und den umliegenden Tälern sind innen weißlich-beige. Porzellanfarben, wie es in der Region rund um die Provinzstadt Chulucanas heißt.
»Wir saßen hier lange auf dem weißen Gold und hatten keine Ahnung davon«, erklärt Augusto Aponte. Das ist nun anders. Die Initialzündung lieferten einige Kakaopioniere Ende 2007, die in der Region unterwegs waren, um exquisiten Kakao anzukaufen. Einer dieser Pioniere ist Jan-Marcel Schubert, der für «Original Beans« auf der Suche nach exquisiten Bohnen ist, die dann als »Single Origin« in den Handel kommen. Sprich die Bohnen aus der Region Piura kommen als »Porcelana«, sortenrein und nicht mit anderen Bohnen vermischt in den Handel. Das ist ein Charakteristikum bei dem in Amsterdam ansässigen Unternehmen, welches auf faire und langfristige Kooperation mit den Bauern setzt und auf Nachhaltigkeit.
»Wir haben in dem Tal, wo wir aktiv sind, die besten zehn Kakaobäume selektiert und Setzlinge für die Bauern gezogen. So konnten die Erträge deutlich gesteigert werden, und obendrein bieten wir auch Setzlinge von Tropenbäumen zur Aufforstung an«, erklärt Schubert. Das macht gleich doppelt Sinn, denn die Kakaobäume mögen den Schatten und die Bauern bauen ihren Kakao traditionell in Mischkulturen an, also in direkter Nachbarschaft mit Bananen, Obst und Zitrusbäumen. Das hat den Effekt, dass der Kakao wie andere Baumfrüchte die Aromen aus der Nachbarschaft aufnimmt. Das sorgt für spezifische Nuancen, und die sind in der Gourmetküche genauso wie bei den Fans der exklusiven Tafeln gefragt.
Die spezifischen Geschmacksnoten des weißen Kakaos sind der zentrale Grund, weshalb Chocolatiers aus Frankreich, Belgien oder Italien in die Region von Piura pilgern, um sich ein paar Säcke der ungewöhnlichen Bohnen zu sichern. Das hat bei den Bauern, die für das rare Produkt deutlich höhere Preise erhalten, für Euphorie gesorgt. Seitdem herrscht auch in anderen Anbauregionen Perus so etwas wie Entdeckerstimmung.
»Seltene Sorten wie der ChunchoKakao aus Cusco wurden wiederentdeckt, und mittlerweile wird der Anbau von Kakao auch durch die Regierung gefördert – unter anderem als Alternativprodukt zu den Cocablättern«, so der Vorsitzende des Nationalen Verbandes der Kakaoproduzenten (Appcacao), Luis Mendoza. Er bewirtschaftet mit einem Partner eine zehn Hektar große Plantage in der Amazonasregion Perus, in der Region von Ucayali, nahe der Stadt Pucallpa. »Wir arbeiten mit mehreren Kakaosorten, beobachten welche Sorten sich am besten für die Region eignen und welche aromatischen Charakteristika sie ausbilden«, sagt der Mann. Sätze, die zeigen, dass in Peru kräftig dazugelernt und die Kakaopflanze mit all ihrer Vielfalt stärker geschätzt wird.
Rund 60 Prozent der Kakaosorten, die es weltweit gibt, finden sich in Peru, und die Indizien verdichten sich, dass die Wiege der Kulturpflanze in der Amazonasregion steht. Das legen auch archäologische Untersuchungen nahe, denn man hat Reste von Kakao als Grabbeigabe in mehrere Tausend Jahre alten Gräbern gefunden.
Immer mehr Bauern steigen in die Kakaoproduktion ein. Derzeit sind es rund 90 000 Familien, die im vergangenen Jahr 108 000 Tonnen Kakao produzierten – Tendenz stei- gend. In der Liste der wichtigsten Produzenten rangiert Peru damit an achter Stelle. Doch Vielfalt und die exzellente Qualität sorgen dafür, dass peruanischer Kakao heute oft deutlich über dem Weltmarktpreis gehandelt wird – ein Erfolg, der auf die staatliche Förderung und auf bessere Strukturen beim Appcacao zurückzuführen ist. »Heute haben viele Genossenschaften ein eigenes Labor, analysieren ihre Qualität und verkaufen oft direkt – ohne Zwischenhandel«, so Luis Mendoza.
Die aromatischen Bohnen, die in der peruanischen Gastronomie im Einsatz sind, werden international von vielen Haute-Cuisine-Köchen geschätzt. Doch ungetrübt ist die Freude über den Aufschwung nicht. Grund dafür ist eine EU-Verordnung, die nicht nur den Produzenten in Peru Sorgen macht. Sie trägt die Nummer 488/2014 und tritt im Januar 2019 in Kraft. »Neue Maximalwerte für Cadmium in der Schokolade und im Kakaopulver werden dann gültig. Das ist in Peru, wo auch auf vulkanischen Böden angebaut wird, die Cadmium enthalten, ein Problem«, erklärt Kakaospezialist Jan-Marcel Schubert. Er ist der Meinung, dass die peruanischen Verantwortlichen zu spät mit der EU in den Dialog getreten sind, um auf die natürlichen Ursachen von Cadmium-Spuren in den Kakaobohnen hinzuweisen. Die liegen zwar nur selten über den Grenzwerten, aber die Angst geht um, dass EU-Importeure Bestellungen zurückschicken. »Das ist bereits passiert, denn zwei Container mit Kakao aus Australien wurden abgewiesen«, sagt Appcacao-Vorsitzender Luis Mendoza und deutet auf eine Broschüre zum Thema. Da wird das Für und Wider der EU-Grenzwerte aufgezeigt. Doch ob sie noch rechtzeitig für ein Umdenken sorgen wird, ist unklar. Für den Verbraucher droht ohnehin keine Gefahr, denn sortenreiner Kakao wird nur in kleinsten Margen gehandelt – große Schokoladenfirmen mischen die Bohnen aus allen Regionen der Welt.
»Mittlerweile wird der Anbau von Kakao auch durch die Regierung gefördert – unter anderem als Alternativprodukt zu den Cocablättern.« Luis Mendoza, Verband der Kakaoproduzenten