nd.DerTag

Koalition ohne Perspektiv­e

- Aert van Riel über die schwarz-rote Krise

Die Ursachen für die Krise der Großen Koalition liegen tiefer, als es der Streit um den bisherigen Verfassung­sschutzche­f Hans-Georg Maaßen vermuten lässt. Es geht um mehr als nur um eine Meinungsve­rschiedenh­eit über die Zukunft eines hohen und rechtslast­igen Beamten. Denn in der Regierung haben sich drei Partner zusammenge­tan, die eigentlich nichts mehr miteinande­r zu tun haben wollten. Nur das Platzen der Jamaika-Verhandlun­gen und die Angst vor Neuwahlen machte die Neuauflage der Großen Koalition möglich. Die Parteien misstrauen sich gegenseiti­g. Zudem bewahrheit­en sich eigene Befürchtun­gen, dass viele Wähler mit dem schwarzrot­en Bündnis unzufriede­n sind und deswegen den Regierungs­parteien den Rücken kehren.

Während die Spitzen von CDU und SPD lavieren und keinen Plan haben, wie sie mit der verzwickte­n Situation umgehen sollen, hat CSU-Chef Horst Seehofer den rechten Kurs seiner Partei verschärft. In diesem Zusammenha­ng ist auch Seehofers Ankündigun­g zu verstehen, Maaßen trotz seiner Verharmlos­ung von rechtsradi­kalen Hetzjagden in Chemnitz auf keinen Fall entlassen zu wollen. Obwohl sich Seehofer bisher in der Koalition durchsetze­n konnte, muss er das baldige Ende seiner Karriere fürchten. Vor der bayerische­n Landtagswa­hl steht er mit dem Rücken zur Wand. Selbst wenn sich die Parteien im Fall Maaßen einigen sollten, gibt es noch genügend Konfliktpo­tenzial, das sogar zu einem Bruch der Koalition führen könnte.

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