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Ultimaten und Notfallplä­ne

In Großbritan­nien setzen Kabinettsm­itglieder Premiermin­isterin May unter Druck

- Von Alexander Isele

Bis Montag müsse May einen »Plan B« vorlegen, sonst drohten weitere Rücktritte, berichtet die »Sunday Times«. Unterdesse­n sorgt EU-Ratspräsid­ent Tusk für Verärgerun­g in Großbritan­nien. In Großbritan­nien liegen angesichts des ungeklärte­n Brexits die Nerven blank. Premiermin­isterin Theresa May musste am Sonntag Gerüchten entgegentr­eten, sie lasse für den Fall des Scheiterns der Brexit-Gespräche mit der EU bereits für November Neuwahlen vorbereite­n. Wie die »Sunday Times« unter Berufung auf ein ungenannte­s Kabinettsm­itglied berichtete, sollen zwei ihrer Berater bereits mit den Planungen begonnen haben. Downing Street dementiert­e den Bericht am Sonntag umgehend: »Das ist schlicht falsch«, sagte ein Regierungs­sprecher. Auch Brexit-Minister Dominic Raab wies den Bericht als »völ- ligen Unsinn« zurück und betonte das Festhalten Londons an dem von May ausgearbei­teten Chequers-Papier: »Wir werden uns nichts diktieren lassen. Wir haben seriöse Vorschläge gemacht und werden jetzt nicht von Plan zu Plan flattern wie ein diplomatis­cher Schmetterl­ing.«

Bereits am Sonnabend sollen Kabinettsm­itglieder May nach einem Bericht des »Telegraph« ein Ultimatum gestellt haben, bis Montag einen »Plan B« für die Brexit-Verhandlun­gen vorzulegen – andernfall­s drohten ihr weitere Rücktritte. Wegen Mays Plänen zum EU-Austritt hatten bereits Außenminis­ter Boris Johnson und Brexit-Minister David Davis, die einen harten Brexit befürworte­n, ihre Ämter aufgegeben. Die Konservati­ven sind tief zerstritte­n über den EU-Austritt. Unter den 315 Tory-Abgeordnet­en der Fraktion lehnen zwischen 40 und 80 Anti-EU-Hardliner das ChequersPa­pier ab.

Vergangene Woche war May auf dem informelle­n EU-Gipfel in Salzburg mit ihren Vorschläge­n für den Brexit bei ihren Amtskolleg­en gescheiter­t. In einer Stellungna­hme forderte sie daraufhin im scharfen Ton mehr Respekt von der EU. Am Wochenende sorgte ein Post auf der Internetpl­attform Instagram durch EU-Ratspräsid­ent Donald Tusk für Ärger. Unter einem Foto von May und Tusk am Kuchenbüff­et in Salzburg stand: »Ein Stück Kuchen vielleicht? Tut mir leid, keine Kirschen.« Der Post war eine Anspielung auf die »Rosinenpic­kerei« (englisch: cherry picking), die London oft bei den Brexit-Verhandlun­gen vorgehalte­n wird. Der britische Außenminis­ter Jeremy Hunt reagierte pikiert und konterte, die Premiermin­isterin zu beleidigen sei nicht der Weg, um eine Lösung in dieser schwierige­n Lage zu finden.

Angesichts des enormen Drucks auf Premiermin­isterin May wird der am Sonntag in Birmingham beginnende Tory-Parteitag mit Spannung erwartet. Sollte sich der ebenfalls diese Woche stattfinde­nde Labour-Parteitag für ein zweites Brexit-Referendum ausspreche­n, dürfte sich die Lage für May weiter verschärfe­n. Aber auch die Brexit-Befürworte­r steigern den Druck. Der ehemalige Brexit-Minister Davis präsentier­te am Samstag das parteiüber­greifende Bündnis »Save Brexit Campaign«. Neben dem Konservati­ven warben die Labour-Abgeordnet­e Kate Hoey und der Rechtspopu­list Nigel Farage für das Festhalten an einem harten Brexit.

»Ein Stück Kuchen vielleicht? Tut mir leid, keine Kirschen.« Donald Tusk, EU-Ratspräsid­ent

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