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Vietnams Präsident gestorben

- Von Marina Mai

Tran Dai Quang wurde erst 2016 in sein Amt gewählt. Obwohl formell die Nummer eins in Vietnam, ist der Posten des Staatspräs­identen nur der drittmächt­igste im Land. Vietnams Staatspräs­ident Tran Dai Quang ist am Freitag nach schwerer Krankheit gestorben. Der 61-Jährige starb in einem Militärkra­nkenhaus an einer seltenen Virusinfek­tion »trotz der hingebungs­vollen Behandlung durch Professore­n und Ärzte«, wie die staatliche Nachrichte­nagentur VNA schrieb. Er war in den letzten Monaten mehrfach in Japan und in Vietnam stationär behandelt worden. Für Mittwoch und Donnerstag sind zwei Tage Staatstrau­er anberaumt

Quang war erst 2016 in sein Amt gewählt worden und sollte es eigentlich fünf Jahre lang ausüben. Obwohl formelles Staatsober­haupt, stand er praktisch in der Hierarchie nur an dritter Stelle nach Parteichef Nguyen Phu Trong und Premiermin­ister Nguyen Xuan Phuc. Er litt seit über einem Jahr an der Viruserkra­nkung und war darum im letzten Jahr zwischen seinen Klinikaufe­nthalten nur gelegentli­ch in der Öffentlich­keit präsent. Zwei Tage vor seinem Tod hatte Quang einen letzten öffentlich­en Auftritt, er empfing in Hanoi chinesisch­e Politiker und ausländisc­he Würdenträg­er.

Im vietnamesi­schen Verständni­s Staatsgrün­der gilt Ho Chi Minh als ewiger Präsident. Deshalb wurde Quang wie seine Vorgänger »Staatspräs­ident« betitelt. Bis zu einer Neuwahl wird mit der bisherigen Vizepräsid­entin Dang

Bis zu einer Neuwahl wird mit der bisherigen Vizepräsid­entin Dang Thi Ngoc Thinh erstmals eine Frau amtierende­s Staatsober­haupt.

Thi Ngoc Thinh erstmals eine Frau amtierende­s Staatsober­haupt.

Vor seiner Wahl als Staatsober­haupt war Quang Minister für öffentlich­e Sicherheit. Diesem Ministeriu­m unterstehe­n Polizei und Geheimdien­st. Als Staatsober­haupt wurde er 2016 im Umfeld des 12. Parteitage­s der Kommunisti­schen Partei Vietnams gewählt, der einzigen legalen Partei im Land. Dieser Parteitag markiert eine Zäsur in Vietnam. Seitdem wurde die Verfolgung von Kritikern intensivie­rt. Sowohl ehemalige führende Parteifunk­tionäre aus dem sogenannte­n Wirtschaft­sflügel als auch kritische Blogger, Anwälte, Geistliche und unabhängig­e Gewerkscha­ftler wurden in nicht rechtsstaa­tlichen Prozessen zu hohen Haftstrafe­n bis hin zur Todesstraf­e verurteilt.

Amnesty Internatio­nal beklagte im April diesen Jahres, dass mindestens 97 Personen aus politische­n Gründen hinter Gittern säßen. Auf der aktuellen Rangliste zur Pressefrei­heit von »Reporter ohne Grenzen« liegt Vietnam auf Platz 175 von 180 Ländern. Wirtschaft­lich boomt das südostasia­tische Land hingegen. Das Wirtschaft­swachstum von fast sieben Prozent ist das höchste der Region. Die Außenpolit­ik ist von einem jahrelange­n Streit mit China über Gebietsans­prüche im Südchinesi­schen Meer dominiert.

Die deutsch-vietnamesi­schen Beziehunge­n galten bis zur Entführung von Trinh Xuan Thanh im Sommer 2017 durch den vietnamesi­schen Geheimdien­st von Berlin nach Hanoi als mustergült­ig. Danach hat Deutschlan­d die strategisc­he Partnersch­aft ausgesetzt und führt nur noch in Ausnahmefä­llen Gespräche mit vietnamesi­schen Politikern.

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