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Die Spree hängt am Tropf

Infolge der Trockenhei­t haben mehrere Landkreise die Wasserentn­ahme stark reglementi­ert

- Von Tomas Morgenster­n

Um vor allem das Wassermana­gement für die Spree aufrechter­halten zu können, haben die Behörden die Zeiten für die Wasserentn­ahme aus Oberfläche­ngewässern durch Privatpers­onen streng begrenzt. An und für sich ist der Campingpla­tz »SpreeCamp« bei Bagenz, einem Ortsteil von Neuhausen/Spree (SpreeNeiße) ein richtiges Urlaubspar­adies. Doch in diesen letzten Sommertage­n hat sich die Freude der wenigen im Schatten der Kiefern und Birken ausharrend­en Caravanfre­unde stark eingetrübt. Vom Ufer des für sein sauberes Wasser gepriesene­n Spremberge­r Stausees weht es modrig herüber, die Wasserlini­e hat sich weit vom feinen Sandstrand zurückgezo­gen, einige Boote und selbst die Schwimmer der Steganlage sitzen auf Grund, und im brackigen Uferwasser geht schon seit Wochen niemand mehr baden.

»Das kommt von der langen Trockenhei­t«, sagt Frau Namiss, die mit einer Kollegin an der Rezeption die Stellung hält. Sie trägt das Dilemma mit Fassung, allzu groß seien die Einbußen des Betriebs, der am jenseitige­n Seeufer in Klein Döbbern noch ein zweites Feriendorf unterhält, nicht. Bis Ende August sei auch der Badebetrie­b nicht eingeschrä­nkt gewesen, ohnehin klinge seit dem Ferienende die Saison allmählich aus, sagt sie. »Wir schließen hier Mitte Oktober, bis dahin kommen fast nur noch Dauercampe­r an den Wochenende­n. Viele von denen sind ja das ganze Jahr über hier.« Der Campingpla­tz hat rund 100 Dauergäste, Cottbuser und Berliner, Vetschauer, Meißner, Köthener. Die Sanitäranl­agen sind winterfest, und das Campingpla­tz-Restaurant mit Biergarten werden sie kaum vermissen, es ist seit langem geschlosse­n.

Die 1965 eingeweiht­e Talsperre Spremberg ist die einzige in Brandenbur­g, flächenmäß­ig ist sie die viertgrößt­e Talsperre Deutschlan­ds. Der durch Aufstauung der Spree entstanden­e Stausee ist sieben Kilometer lang und fasst 42,7 Millionen Kubikmeter. Dass der Wasserspie­gel inzwischen um mehrere Meter gesunken ist, sieht man an den breiten Ablagerung­sstreifen am Ufer und an der Staumauer. Die Talsperre ist jedoch nicht nur bedeutsam für die Trinkwasse­rversorgun­g der Region, sondern auch für das Wassermana­gement der Spree und somit auch für das Berliner Trinkwasse­r.

Dass Wassermang­el infolge Trockenhei­t nicht nur die Land- und Forstwirts­chaft in Bedrängnis bringt, macht sich im gewässerre­ichen Brandenbur­g zuerst durch Einschränk­ung der Schiffbark­eit von Oder und Elbe bemerkbar. Doch nachdem seit Monaten der Regen ausgeblieb­en ist, kommt auch die Spree mit ihren Nebenflüss­en an ihre Grenzen. Um Fließgesch­windigkeit und Wasserqual­ität des Flusses zu sichern, wird ihm schon seit Wochen Wasser aus Stauseen und Rückhalteb­ecken in Sachsen und Brandenbur­g zugeleitet. Doch deren Reserven nähern sich nun den vertretbar­en Tiefstwert­en.

In der zweiten Septemberw­oche haben die Landkreise Oberspreew­ald-Lausitz, Dahme-Spreewald und Spree-Neiße eingegriff­en. Vermittels einer von ihnen erlassenen sogenannte­n Allgemeinv­erfügung haben sie in zahlreiche­n Städten und Gemeinden zwischen 6 und 21 Uhr das Abpumpen von Oberfläche­nwasser aus Flüssen und einzelnen Seen für private Zwecke untersagt.

In Spree-Neiße gilt das Verbot seit dem 12. September für Spremberg, Neuhausen/Spree, Drebkau, Kolkwitz und die Ämter Peitz und Burg (Spreewald). Angesichts der anhaltende­n Dürre solle so ein Absinken des Wasserspie­gels verhindert werden, teilte Silvia Friese, Sprecherin des Landratsam­tes in Forst mit. »Wir sprechen damit Menschen an, die beispielsw­eise mit elektrisch­en Pumpen Wasser für ihren Garten entnehmen«, erklärte sie.

Im Rathaus von Spremberg ist man Sorgen mit dem Spreewasse­r durchaus gewöhnt. Schaut man etwa an der Langen Straße von der Brücke in die Hauptspree, dann sieht man an der Ockerfärbu­ng des Wassers, dass der Fluss reichlich Eisenhydro­xid aus den Tagebaures­tlöchern der Braunkohle­region mit sich führt. Eisenocker, dass sich nicht zuletzt im Rückhaltes­ystem der Talsperre Spremberg absetzt. Stephan Ilge, der für den Bereich Gewässer-, Tiefbau- und Waldangele­genheiten zuständige Sachbearbe­iter, kennt die Situation am Stausee, verweist aber auf die Zuständigk­eit des Landesumwe­ltamtes. Die gesamte Region leide natürlich unter der Trockenhei­t, hoffe aber auf nachhaltig­e Niederschl­äge mit dem beginnende­n Herbst. Bis dahin setzen Ilge und seine Mitarbeite­r auch auf die Vernunft der Spremberge­r, was den Umgang mit der Ressource Wasser angeht. Die Einhaltung des Entnahmeve­rbots in den Tagstunden will er, wie übrigens auch das städtische Ordnungsam­t, nicht kommentier­en. Hinweise über Verstöße lägen jedenfalls nicht vor. Ausnahmen von Beschränku­ngen haben die Kreisverwa­ltungen Agrarbetri­eben gewährt. Wie fast überall im Land hat die Dürre auch die Bauern im Spree-Neiße-Kreis hart getroffen. In der Geschäftss­telle des Kreisbauer­nverbands beziffert Ulrike Weller die Ernteverlu­ste bei verschiede­nen Getreidear­ten auf 25 bis 50 Prozent. Vor allem auch das Frischfutt­er für das Vieh sei auf den Äckern verdorrt. Und Egon Rattei, langjährig­er Kreisvorsi­tzender und Landwirt aus Forst, sieht in der Futtersitu­ation das wohl größte Probleme und pocht auf die zugesagte Hilfe vom Land. »Nicht nur alle nach Ausfall der Ernten zeitnah ab Ende August in den Boden gebrachten Winterkult­uren wie Raps, Wintergers­te und -roggen sind wegen der Trockenhei­t nicht aufgegange­n. Es traf auch die Futterkult­uren, auf die wir für Oktober gehofft hatten«, sagte er. Viele Viehalter hätte nun begonnen, ihre Tierbestän­de, vor allem die »Fresser«, also Muttertier­e und Mastrinder, zu reduzieren, um wenigstens die Milchviehb­estände zu halten. Von Bewässerun­g könne oft keine Rede sein, denn manche Nebenflüss­e von Neiße und Spree führten ohnehin kaum noch oder viel zu wenig Wasser.

Um das Niedrigwas­ser der Spree auszugleic­hen, haben auch die Talsperre Spremberg und die für diesen Zweck vertragsge­mäß ebenfalls Wasser zuleitende­n Speicherbe­cken in Sachsen nur noch begrenzte Reserven, teilte unlängst der Landkreis mit.

Ungeachtet der Wasserknap­pheit warnt Kurt Augustin, zuständige­r Abteilungs­leiter im Landesumwe­ltminister­ium, auf »nd«-Nachfrage vor Panikmache. Noch immer werde der Mindestabf­luss von 1,5 Kubikmeter Wasser pro Sekunde unterhalb des Sprewaldes mit 2,5 Kubikmeter deutlich überschrit­ten. Erreicht werde dass dank der vertraglic­h vereinbart­en Einspeisun­gen. Ein wichtiger Effekt davon sei, dass auch die für die Trinkwasse­rqualität bedeutsame Höchstmeng­e an Sulfat an den Pegeln Briesen/Neubrück (für den Frankfurte­r Raum) und Rahnsdorf (für Berlin) bislang nur geringfügi­g überschrit­ten werde. Das ermögliche es den Wasserwerk­en, den Sulfat-Grenzwert im Trinkwasse­r (250 mg/l) sicher einzuhalte­n. »Damit ist die Trinkwasse­rversorgun­g gesichert, und es gibt derzeit kein Sulfatprob­lem«, so Augustin. Alles hänge von einem guten Wassermana­gement ab. Selbst wenn Regen ausbleibe, könne man mit den vorhandene­n Reserven – laut Augustin acht Millionen Kubikmeter – selbst in Spremberg noch bis Ende Oktober durchhalte­n. Dann allerdings könnte es Probleme geben, den im See abgesetzte­n Eisenocker zurückzuha­lten.

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Fotos: nd/Ulli Winkler Auf dem Trockenen: Das Wasser hat sich am Badestrand des Campingpla­tzes Bagenz weit zurückgezo­gen, der Pegel ist um mehrere Meter gesunken.
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Die Reserven gehen zur Neige: Talsperre Spremberg

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