Die Spree hängt am Tropf
Infolge der Trockenheit haben mehrere Landkreise die Wasserentnahme stark reglementiert
Um vor allem das Wassermanagement für die Spree aufrechterhalten zu können, haben die Behörden die Zeiten für die Wasserentnahme aus Oberflächengewässern durch Privatpersonen streng begrenzt. An und für sich ist der Campingplatz »SpreeCamp« bei Bagenz, einem Ortsteil von Neuhausen/Spree (SpreeNeiße) ein richtiges Urlaubsparadies. Doch in diesen letzten Sommertagen hat sich die Freude der wenigen im Schatten der Kiefern und Birken ausharrenden Caravanfreunde stark eingetrübt. Vom Ufer des für sein sauberes Wasser gepriesenen Spremberger Stausees weht es modrig herüber, die Wasserlinie hat sich weit vom feinen Sandstrand zurückgezogen, einige Boote und selbst die Schwimmer der Steganlage sitzen auf Grund, und im brackigen Uferwasser geht schon seit Wochen niemand mehr baden.
»Das kommt von der langen Trockenheit«, sagt Frau Namiss, die mit einer Kollegin an der Rezeption die Stellung hält. Sie trägt das Dilemma mit Fassung, allzu groß seien die Einbußen des Betriebs, der am jenseitigen Seeufer in Klein Döbbern noch ein zweites Feriendorf unterhält, nicht. Bis Ende August sei auch der Badebetrieb nicht eingeschränkt gewesen, ohnehin klinge seit dem Ferienende die Saison allmählich aus, sagt sie. »Wir schließen hier Mitte Oktober, bis dahin kommen fast nur noch Dauercamper an den Wochenenden. Viele von denen sind ja das ganze Jahr über hier.« Der Campingplatz hat rund 100 Dauergäste, Cottbuser und Berliner, Vetschauer, Meißner, Köthener. Die Sanitäranlagen sind winterfest, und das Campingplatz-Restaurant mit Biergarten werden sie kaum vermissen, es ist seit langem geschlossen.
Die 1965 eingeweihte Talsperre Spremberg ist die einzige in Brandenburg, flächenmäßig ist sie die viertgrößte Talsperre Deutschlands. Der durch Aufstauung der Spree entstandene Stausee ist sieben Kilometer lang und fasst 42,7 Millionen Kubikmeter. Dass der Wasserspiegel inzwischen um mehrere Meter gesunken ist, sieht man an den breiten Ablagerungsstreifen am Ufer und an der Staumauer. Die Talsperre ist jedoch nicht nur bedeutsam für die Trinkwasserversorgung der Region, sondern auch für das Wassermanagement der Spree und somit auch für das Berliner Trinkwasser.
Dass Wassermangel infolge Trockenheit nicht nur die Land- und Forstwirtschaft in Bedrängnis bringt, macht sich im gewässerreichen Brandenburg zuerst durch Einschränkung der Schiffbarkeit von Oder und Elbe bemerkbar. Doch nachdem seit Monaten der Regen ausgeblieben ist, kommt auch die Spree mit ihren Nebenflüssen an ihre Grenzen. Um Fließgeschwindigkeit und Wasserqualität des Flusses zu sichern, wird ihm schon seit Wochen Wasser aus Stauseen und Rückhaltebecken in Sachsen und Brandenburg zugeleitet. Doch deren Reserven nähern sich nun den vertretbaren Tiefstwerten.
In der zweiten Septemberwoche haben die Landkreise Oberspreewald-Lausitz, Dahme-Spreewald und Spree-Neiße eingegriffen. Vermittels einer von ihnen erlassenen sogenannten Allgemeinverfügung haben sie in zahlreichen Städten und Gemeinden zwischen 6 und 21 Uhr das Abpumpen von Oberflächenwasser aus Flüssen und einzelnen Seen für private Zwecke untersagt.
In Spree-Neiße gilt das Verbot seit dem 12. September für Spremberg, Neuhausen/Spree, Drebkau, Kolkwitz und die Ämter Peitz und Burg (Spreewald). Angesichts der anhaltenden Dürre solle so ein Absinken des Wasserspiegels verhindert werden, teilte Silvia Friese, Sprecherin des Landratsamtes in Forst mit. »Wir sprechen damit Menschen an, die beispielsweise mit elektrischen Pumpen Wasser für ihren Garten entnehmen«, erklärte sie.
Im Rathaus von Spremberg ist man Sorgen mit dem Spreewasser durchaus gewöhnt. Schaut man etwa an der Langen Straße von der Brücke in die Hauptspree, dann sieht man an der Ockerfärbung des Wassers, dass der Fluss reichlich Eisenhydroxid aus den Tagebaurestlöchern der Braunkohleregion mit sich führt. Eisenocker, dass sich nicht zuletzt im Rückhaltesystem der Talsperre Spremberg absetzt. Stephan Ilge, der für den Bereich Gewässer-, Tiefbau- und Waldangelegenheiten zuständige Sachbearbeiter, kennt die Situation am Stausee, verweist aber auf die Zuständigkeit des Landesumweltamtes. Die gesamte Region leide natürlich unter der Trockenheit, hoffe aber auf nachhaltige Niederschläge mit dem beginnenden Herbst. Bis dahin setzen Ilge und seine Mitarbeiter auch auf die Vernunft der Spremberger, was den Umgang mit der Ressource Wasser angeht. Die Einhaltung des Entnahmeverbots in den Tagstunden will er, wie übrigens auch das städtische Ordnungsamt, nicht kommentieren. Hinweise über Verstöße lägen jedenfalls nicht vor. Ausnahmen von Beschränkungen haben die Kreisverwaltungen Agrarbetrieben gewährt. Wie fast überall im Land hat die Dürre auch die Bauern im Spree-Neiße-Kreis hart getroffen. In der Geschäftsstelle des Kreisbauernverbands beziffert Ulrike Weller die Ernteverluste bei verschiedenen Getreidearten auf 25 bis 50 Prozent. Vor allem auch das Frischfutter für das Vieh sei auf den Äckern verdorrt. Und Egon Rattei, langjähriger Kreisvorsitzender und Landwirt aus Forst, sieht in der Futtersituation das wohl größte Probleme und pocht auf die zugesagte Hilfe vom Land. »Nicht nur alle nach Ausfall der Ernten zeitnah ab Ende August in den Boden gebrachten Winterkulturen wie Raps, Wintergerste und -roggen sind wegen der Trockenheit nicht aufgegangen. Es traf auch die Futterkulturen, auf die wir für Oktober gehofft hatten«, sagte er. Viele Viehalter hätte nun begonnen, ihre Tierbestände, vor allem die »Fresser«, also Muttertiere und Mastrinder, zu reduzieren, um wenigstens die Milchviehbestände zu halten. Von Bewässerung könne oft keine Rede sein, denn manche Nebenflüsse von Neiße und Spree führten ohnehin kaum noch oder viel zu wenig Wasser.
Um das Niedrigwasser der Spree auszugleichen, haben auch die Talsperre Spremberg und die für diesen Zweck vertragsgemäß ebenfalls Wasser zuleitenden Speicherbecken in Sachsen nur noch begrenzte Reserven, teilte unlängst der Landkreis mit.
Ungeachtet der Wasserknappheit warnt Kurt Augustin, zuständiger Abteilungsleiter im Landesumweltministerium, auf »nd«-Nachfrage vor Panikmache. Noch immer werde der Mindestabfluss von 1,5 Kubikmeter Wasser pro Sekunde unterhalb des Sprewaldes mit 2,5 Kubikmeter deutlich überschritten. Erreicht werde dass dank der vertraglich vereinbarten Einspeisungen. Ein wichtiger Effekt davon sei, dass auch die für die Trinkwasserqualität bedeutsame Höchstmenge an Sulfat an den Pegeln Briesen/Neubrück (für den Frankfurter Raum) und Rahnsdorf (für Berlin) bislang nur geringfügig überschritten werde. Das ermögliche es den Wasserwerken, den Sulfat-Grenzwert im Trinkwasser (250 mg/l) sicher einzuhalten. »Damit ist die Trinkwasserversorgung gesichert, und es gibt derzeit kein Sulfatproblem«, so Augustin. Alles hänge von einem guten Wassermanagement ab. Selbst wenn Regen ausbleibe, könne man mit den vorhandenen Reserven – laut Augustin acht Millionen Kubikmeter – selbst in Spremberg noch bis Ende Oktober durchhalten. Dann allerdings könnte es Probleme geben, den im See abgesetzten Eisenocker zurückzuhalten.