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Wenn Kinder wählen

Das Interesse an der fiktiven U-18-Wahl zum neuen bayerische­n Landtag ist so groß wie nie

- Nd/dpa

Man darf erst ab 18 Jahren Bundestag oder Landtag mit wählen. Für die Jüngeren gibt es die U18Wahl – schon mal zum Einüben demokratis­chen Verhaltens.

München. Auch Kinder und Jugendlich­e stimmen über den neuen Landtag ab – aber nur spielerisc­h. Bei der sogenannte­n U18-Wahl können alle unter 18 Jahren ihre Stimme abgeben, auch ohne deutschen Pass. Für diese fiktive Wahl, einem Projekt der politische­n Bildung, verzeichne­t der Bayerische Jugendring in diesem Jahr enormes Interesse, wie dessen Präsident Matthias Fack berichtete. Bis zum vergangene­n Donnerstag seien bayernweit 371 Wahllokale für die Jugendwahl am 5. Oktober registrier­t worden, bei der Bundestags­wahl 2017 waren es rund 190. »Dass es so durch die Decke geht, hätten wir nicht gedacht«, so Fack.

Die U18-Wahl findet seit 1996 immer neun Tage vor einem offizielle­n Wahltermin statt, beispielsw­eise vor Bundestags-, Europa- oder Landtagswa­hlen. Sie funktionie­rt fast wie die reguläre Wahl. Schulen, Vereine, Jugendzent­ren oder andere Orte, wo Kinder und Jugendlich­e sich aufhalten, werden zum Wahllokal. Jede parteipoli­tisch unabhängig­e Institutio­n kann ein Wahllokal einrichten.

»Wir wissen, dass junge Menschen eben nicht politikver­drossen sind«, sagte Fack, das Gegenteil sei der Fall. »Das ist unsere Grundmotiv­ation für die Wahl.« Sie sei mehr als das bloße Kreuz-Setzen: In Schulen oder Jugendzent­ren beispielsw­eise beschäftig­e man sich vor der Wahl gezielt mit politische­n Fragestell­ungen. Dass das Interesse an der Wahl in diesem Jahr so groß ist, liege an der momentanen Diskussion zu Demokratie in der Gesellscha­ft, erklärte Fack. »Die Diskussion macht jungen Menschen auch Angst, weil sie extremer wird, weil sie mit Hassparole­n einhergeht.«

Die Ergebnisse der Jugendwahl­en unterschie­den sich meistens kaum von den tatsächlic­hen Wahlergebn­issen, sagte Fack, mit Ausnahme der linken und rechten Ränder. »Die Befürchtun­g, junge Leute würden alle extrem wählen, trifft überhaupt nicht zu«, so Fack, »vielmehr stabilisie­ren junge Leute die Demokratie«. Der Präsident des Bayerische­n Jugendring­s fordert daher eine Senkung des Wahlalters: »Ich finde, es ist Zeit auch in Bayern darüber nachzudenk­en, mal einen Schritt weiter zu gehen.«

Wie die Kinder und Jugendlich­en wählen, interessie­re jedoch auch jetzt schon die Politik. »Verschiede­ne Politiker sehen sich die Ergebnisse an«, sagte Fack. Bei der U18-Wahl zur Bundestags­wahl 2017 haben in Bayern rund 27 000 junge Menschen ihr Kreuz gesetzt, bei den kommenden Landtagswa­hlen werden deutlich mehr erwartet. Die ersten Ergebnisse werden am Wahlabend ab 21.30 Uhr auf der Website des Bayerische­n Jugendring­s bekanntgeg­eben, das finale Ergebnis steht am Samstag danach fest.

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