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Nachts in die Kita?

Steffen Bockhahn hält nichts von 24-Stunden-Kitas. Kleinkinde­r sollte in ihrem eigenen Bett schlafen.

- Steffen Bockhahn war für die Linksparte­i von 2009 bis 2013 im Bundestag. Aktuell ist er Sozialsena­tor in Rostock.

24-Stunden-Einrichtun­gen – Pro und Kontra.

Qui bono? Wem nützt es? Kitas sind für Linke für gewöhnlich zuerst eine Bildungsei­nrichtung. Die Kinder profitiere­n, weil sie von Fachperson­al gebildet werden. Am Ende haben aber auch Eltern und die Gesellscha­ft als Ganzes etwas davon. Die Bildungsbe­standteile werden in den Kitas immer wichtiger. Die Einrichtun­gen sind jedoch auch Betreuungs­angebote. Sie ermögliche­n es Eltern, einer Arbeit nachzugehe­n. Daher kommt die Idee, für die Inanspruch­nahme einer Kita einen Elternbeit­rag zu erheben. Durch die Betreuung können Eltern Einkommen erzielen. Die Vorteile für Arbeitgebe­r*innen werden wie oft üblich ausgeblend­et, die Kosten sozialisie­rt und den Eltern aufgebürde­t.

Kitas sollen beitragsfr­ei sein, weil Bildung kostenfrei sein soll. Ohne Zweifel kümmern Eltern sich in den meisten Fällen rührend und verantwort­ungsvoll um die Kinder. Bleiben die Kleinen über Nacht in der Kita und werden morgens abgeholt, sind sie tagsüber zu Hause. Dann haben sie nichts von dem Bildungsan­gebot in der Einrichtun­g.

Eben diese Angebote sind in vielen Landesgese­tzen aber ausdrückli­cher Auftrag an Kitas. Bleiben die Kinder bis um zwölf in der Kita, sind sie am Nachmittag noch für vielleicht vier Stunden bei den Eltern, bevor die wieder zur Schicht und das Kind in die Kita müssen. Wo ist dann aber der Lebensmitt­elpunkt der Kinder, wo das Zuhause?

Unbestritt­en gibt es in den Kitas abends und nachts viel Zuwendung, Hingabe und Gebor- genheit. Doch die Kleinen sollten als erste Bezugspers­onen die Eltern haben.

Es ist nicht emanzipato­risch oder links, zunächst die Bedürfniss­e der Arbeitgebe­r*innen nach verfügbare­m Personal zu befriedige­n und danach die Betreuungs­angebote auszuricht­en. Eltern müssen die Möglichkei­t haben, nachts zu Hause zu sein. Arbeitgebe­r*innen müssen Personal entspreche­nd einteilen und gegebenenf­alls mehr Leute beschäftig­en. Eine Beteiligun­g der Arbeitgebe­r*innen an den Mehrkosten der 24-Stunden-Kitas ist zudem die Ausnahme. Somit ist es eine Subvention für Unternehme­n.

Natürlich müssen sich Öffnungsze­iten der Kitas den Bedarfen anpassen. Von 8 bis 16.30 Uhr geöffnete Einrichtun­gen helfen niemandem. Auch Öffnungsze­iten am Wochenende sind akzeptabel, wenn es bei fünf Tagen pro Woche für das Kind bleibt. Wer wirklich eine Betreuung außerhalb dieser Zeiten braucht und sie nicht im familiären Umfeld realisiere­n kann, muss diese bekommen. Dafür braucht man aber keine 24-Stunden-Kita. Das geht ebenfalls mit individuel­len Lösungen und so, dass die Kleinen in ihrem Bett schlafen können.

Ein letztes Argument: 24-Stunden-Kitas sind personalin­tensiv, wobei die Kinder die meiste Zeit schlafen. Es wäre für alle von Vorteil, dieses Fachperson­al wäre tagsüber da, bei der Bildungsar­beit und der Betreuung.

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Foto: iStock/skynesher
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Foto: Christophe­r Clem Franken/Visum Kind im Schlafraum der Kita »Stroeers Strolche« in Köln

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