Unionsfraktion wählt Kauder ab
Brinkhaus gewinnt überraschend Kampfabstimmung im Bundestag
Berlin. Die Unionsfraktion im Bundestag hat ihren Vorsitzenden Volker Kauder nach 13 Jahren im Amt gestürzt und Ralph Brinkhaus zum Vorsitzenden gewählt. Brinkhaus gewann am Dienstag nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur mit 125 zu 112 Stimmen überraschend die Abstimmung gegen Kauder, den Vertrauten von Kanzlerin Angela Merkel. Nach der Bekanntgabe des Ergebnisses wurde die Fraktionssitzung unterbrochen. Der Fraktionsvorstand zog sich zu einer Sitzung zurück, um über die Konsequenzen aus der Wahl zu beraten.
In SPD und Opposition wird die Abwahl Kauders als ein Angriff auf Kanzlerin Merkel gewertet. »Das ist ein Aufstand gegen Merkel«, schrieb SPD-Politiker und Vizepräsident des Bundestages Thomas Oppermann auf dem Kurznachrichtendienst Twitter. »Merkel ist massiv geschwächt. Die Regierung versinkt im Chaos. Seehofer hat der Union einen Bärendienst erwiesen«, erklärte LINKE-Vorsitzender Bernd Riexinger ebenfalls auf Twitter.
Dieses Wahlergebnis ist ein einziger Affront: Dass der langjährige Chef der Unionsfraktion im Bundestag, Volker Kauder, abgewählt wurde, und zwar trotz der ausdrücklichen Unterstützung durch die Führungspersonen von CDU und CSU – das ist nichts anderes als eine Kampfansage, zumindest aber ein Dokument des weitreichenden Unmuts. Schließlich hatten sich sowohl Angela Merkel als auch Horst Seehofer und Alexander Dobrindt für Kauder und damit gegen den Herausforderer Ralph Brinkhaus ausgesprochen.
Die Abwahl Kauders ist gleich in zweifacher Hinsicht ein Alarmsignal. Erstens ist Kauder ein enger Vertrauter Merkels, der ihr immer treu zur Seite stand. Und zweitens führte er die Unionsfraktion dem Vernehmen nach mit zunehmend harter Hand. Weil die Spannungen innerhalb der Unionsparteien sichtbar zunahmen und Merkel Rückendeckung brauchte. Ein Feldwebel im Auftrag der Kanzlerin sollte aber ein Fraktionsvorsitzender nicht sein, sondern viel eher ein Verteidiger der Rechte und Freiheiten von Abgeordneten.
In ersten Reaktionen war davon die Rede, dass nun endgültig der Anfang von Merkels Ende eingeläutet sei. Das mag sein, aber die dahintersteckende Krise reicht weiter. Der Union wird endgültig bewusst, dass nicht nur die SPD, sondern auch sie selbst dabei ist, den Status und damit den Rückhalt einer Volkspartei zu verlieren. Da kann man schon mal in Panik verfallen.