nd.DerTag

Ruhige Räumung

- Von Sebastian Weiermann

Im Hambacher Forst setzt die Polizei ihre Räumungsar­beiten fort. Am Dienstag blieb es dabei weitgehend ruhig. Gleichzeit­ig hat der Energiekon­zern RWE ein Problem mit Hackern. Es sind Szenen, die zu erwarten waren. Am frühen Dienstagmo­rgen rückt die Polizei mit schwerem Gerät im Baumhausdo­rf »Beechtown« an. Vor nicht einmal einer Woche starb hier der Fotograf und Blogger Steffen Meyn beim Sturz von einer Brücke. Am Boden hatten Besetzer und Freunde eine kleine Gedenkstät­te eingericht­et. Ein gemaltes Porträt mit der Aufschrift »Vergiss Meyn nicht« und viele Blumen stehen dort. Als das schwere Gerät anrückte, befürchtet­en die Besetzer, dass der Gedenkort zerstört würde. Kurze Verhandlun­gen folgten, im ruhigen Ton einigte man sich darauf, den Gedenkort abzubauen. Nach dem Polizeiein­satz soll alles wieder aufgebaut werden.

Im Baumhausdo­rf »Beechtown« geht es dann sehr schnell. Nur zwei Aktivisten sind dort in den Häusern, die sie ohne Widerstand verlassen. Dann rücken die Klettertru­pps der Polizei an und reißen die Häuser ab. Schon am frühen Nachmittag ist fast nichts mehr von »Beechtown« zu sehen. Rund um den abgesperrt­en Bereich stehen 20 bis 30 Unterstütz­er. Sie singen, rufen Parolen und fordern die Polizei immer wieder auf, ihren Einsatz zu beenden. Die Polizisten bleiben stoisch.

Einige hundert Meter weiter in »Lorien« geht es hitziger zu. Am Morgen hat die die Polizei das Baumhausdo­rf umstellt. Hektik kommt auf, eine Aktivistin stürzt, als sie über eine Leiter ein Baumhaus erreichen will, aus etwa zwei Metern Höhe. Ein Schockmome­nt für alle Umstehende­n, egal ob Aktivisten oder Polizisten. Einen Polizeisan­itäter lehnt die Aktivistin ab, nach kurzem Warten kommen zivile Sanitäter. Sie stellen fest, dass es der Frau halbwegs gut geht. Nur an der Schulter hat sie sich verletzt. Ins Krankenhau­s will sie nicht, sie bleibt. Hier hat es die Polizei insgesamt schwerer als in »Beechtown«. Mehrere Aktivisten hängen an Seilen, die über die Wege gespannt sind, mit schwerem Räumgerät können die Beamten hier zunächst nicht anrücken. Sie müssen warten, bis die Kletterpol­izisten in den anderen Baumhausdö­rfern fertig sind.

Für RWE eröffnete sich am Dienstag unterdesse­n eine ganz andere Front. Hacker, die sich der Gruppe »Anonymus« zuordnen, hatten die Internetse­ite des Energiekon­zerns einem sogenannte­n Denial-of-Service Angriff ausgesetzt. Die Hacker forderten RWE in einer bei YouTube veröffentl­ichten Botschaft auf, die Räumung des Hambacher Forsts zu beenden und auf die Rodung des Waldes zu verzichten. RWE bestätigte den Angriff. Die Internetse­ite des Konzerns war zeitweise nicht zu erreichen. RWE hat eine Strafanzei­ge gestellt.

Die Räumungen im Hambacher Forst sollen in den kommenden Tagen fortgesetz­t werden. Für den 6. Oktober planen verschiede­ne Umweltverb­ände eine Großdemons­tration für den Erhalt des Waldes. Das Aktionsbün­dnis »Ende Gelände« hat für den selben Tag Aktionen »zivilen Ungehorsam­s« angekündig­t.

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