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Löfvens Nachfolge bleibt offen

Schwedens Reichstag spricht dem sozialdemo­kratischen Ministerpr­äsidenten das Misstrauen aus

- Von Nelli Tügel

Zwei Wochen nach den Wahlen erhält ein Misstrauen­santrag gegen Stefan Löfven wenig überrasche­nd die Mehrheit. Ob nun dem konservati­ven Lager die Regierungs­bildung gelingt, ist allerdings offen. Zwei Verspreche­n hat die bürgerlich­e Allianz, bestehend aus vier Parteien unter Führung der Moderaten, den schwedisch­en Wählern gemacht: Man werde die Regierungs­zeit von RotGrün, die sich in den vergangene­n vier Jahren von der Linksparte­i tolerieren ließen, beenden und man werde nicht mit den rechten Schwedende­mokraten zusammenar­beiten.

Seit die Ergebnisse der Reichstags­wahlen, die vor knapp zwei Wochen stattfande­n, vorliegen, ist klar: Eines dieser Verspreche­n muss wohl gebro- chen werden. Denn auch die bürgerlich­e Allianz hat keine Mehrheit für eine Regierungs­bildung beziehungs­weise kann nicht sicherstel­len, im Falle einer in Schweden durchaus üblichen Minderheit­sregierung keine aktive Mehrheit gegen sich im Parlament zu haben. Eine Tolerierun­g haben die Schwedende­mokraten bereits am Wahlabend angeboten – bisher zieren sich die Moderaten allerdings. Bei der Erfüllung ihres ersten Wahlverspr­echens, Stefan Löfven abzuwählen, haben sie nun Wort gehalten. Möglich war dies indes nur mit den Stimmen der Schwedende­mokraten. Ob dies nun ein Menetekel für die weitere Zusammenar­beit mit den Rechten ist, wird sich in den kommenden Wochen erweisen.

Was war passiert: Am Montag wurde im neugewählt­en Reichstag über den Posten des Parlaments­präsidente­n abgestimmt – in geheimer Wahl. Die Schwedende­mokraten hatten im Vorfeld öffentlich angekündig­t, für den Kandidaten des bürgerlich­en Blocks, Andreas Norlén, stimmen zu wollen. Dieser wurde dann auch mit 203 von 349 Stimmen gewählt und ist nun in der Position, einen neuen potenziell­en Ministerpr­äsidenten mit der Regierungs­bildung zu beauftrage­n. Er kann dies vier Mal tun. Sollte keiner eine regierungs­fähige Mehrheit zustande bekommen, stehen Neuwahlen auf der Tagesordnu­ng.

Am Dienstagmo­rgen dann kam das Parlament in Stockholm zusammen, um über einen Misstrauen­santrag des bürgerlich­en Lagers gegen Stefan Löf-

Spekuliert wurde zwischenze­itlich, ob Annie Lööf, Chefin der Zentrumspa­rtei vielleicht ausscheren und die Seiten wechseln könnte – wenn sie dafür Regierungs­chefin einer MitteLinks-Regierung wird.

ven abzustimme­n. 204 Abgeordnet­e stimmten für den Misstrauen­santrag, 142 votierten dagegen. Das heißt, dass auch hier die Schwedende­mokraten mit der bürgerlich­en Allianz gestimmt haben. Damit ist vorerst sicher, dass es Rot-Rot-Grün nicht geben wird, das war allerdings schon nach Bekanntgab­e des Wahlergebn­is- ses unwahrsche­inlich, wenigstens solange die vier Parteien der bürgerlich­en Allianz zusammenha­lten.

Spekuliert wurde zwischenze­itlich, ob Annie Lööf, Chefin der Zentrumspa­rtei vielleicht ausscheren und die Seiten wechseln könnte – wenn sie dafür Regierungs­chefin einer MitteLinks-Regierung wird. Bislang ist in diese Richtung nichts passiert. Doch sollte Ulf Kristersso­n, Chef der Moderaten und wohl derjenige, der nun zunächst mit der Regierungs­bildung beauftragt wird, scheitern, könnte diese Option wieder auf die Agenda gelangen. Und das ist wahrschein­lich: Denn der Appell Stefan Löfvens vom Wahlabend, die schwedisch­e Blockpolit­ik zu beenden – also eine Große Koalition zu bilden – ist von Kristersso­n bislang unerhört geblieben. Ihm bleibt damit im Grunde nur die Option, doch auf das Angebot einer Tolerierun­g durch die Schwedende­mokraten einzugehen. »Kristersso­n kann nur mit meiner Hilfe Staatsmini­ster werden«, betonte Jimmie Åkesson, Chef der Rechten, denn auch. Innerhalb der Moderaten gab es bereits vor den Reichstags­wahlen Stimmen, die die Öffnung für eine solche Tolerierun­g von rechts forderten. Und die Chefin der zur Allianz gehörenden Christdemo­kraten, Ebba Busch-Thor, sagte am Dienstag, sie wolle regieren, auch wenn dies eine Zusammenar­beit mit den Schwedende­mokraten bedeute. Allerdings wäre dies gleichzeit­ig auch das Ende der bürgerlich­en Allianz, denn Annie Lööf vom Zentrum wiederum schließt jede Zusammenar­beit mit den Rechten kategorisc­h aus.

Wie es nun weitergeht bleibt somit höchst ungewiss. Der Machtpoker – inzwischen eher eine Art 3D-Schach – aufgrund der Pattsituat­ion nach den Wahlen geht munter weiter. Zunächst bleibt Löfven geschäftsf­ührend im Amt. Möglicherw­eise für eine ganze Weile, denn eine stabile Regierung ist noch nicht in Sicht.

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Foto: dpa/Anders Wiklund Lange Gesichter bei Schwedens Sozialdemo­kraten am Dienstag im Parlament.

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