Sonderverwaltungszone ohne Sonderrechte
Hongkongs Regierung verbietet Peking-kritische Unabhängigkeitspartei
Als 1997 Großbritannien die Kolonie Hongkong zurück an China gab, hofften die Bewohner, möglichst viel Autonomie zu erhalten. Das Verbot der Hong Kong National Party ist ein weiterer Rückschlag. Der Schritt ist in zwei Jahrzehnten unter chinesischer Oberhoheit, aber mit den zahlreichen eigenen Rechten der Sonderverwaltungseinheit unter dem Leitsatz »Ein Land, zwei Systeme«, ein Novum – und löst in oppositionellen Kreisen Besorgnis aus. Denn in der Entscheidung, die der für Sicherheit zuständige Regierungsvertreter John Lee verkündete, wird auf einen Passus im noch aus der kolonialen Ära stammenden Assoziationsgesetz verwiesen, der als Begründung für das Verbot herhalten muss. Dort ist davon die Rede, dass die Behörde »im Interesse der nationalen Sicherheit, der öffentlichen Ordnung und der Freiheiten anderer« Gruppen verbieten darf.
Der 2016 aus der studentischen Protestbewegung hervorgegangenen Hong Kong National Party (HKNP) wird vorgeworfen, »mit allen Mitteln« eine eigenständige Re- publik Hongkong anzustreben und dabei auch Hass gegen Festlandschinesen zu schüren.
Eine unmittelbare Reaktion auf die behördliche Verfügung durch Chan Ho-tin, den Co-Gründer der Partei, gibt es bisher nicht. Mehrere Tage ist es her, seit die Partei eine schriftliche Stellungnahme in dem laufenden Verbotsverfahren abgab – die Administration hatte die Frist für solch eine Stellungsnahme zuvor mehrfach verlängert, und selbst letzte Frist wurde nicht eingehalten. Die dort aufgeführten Gründe wurden nun offensichtlich nicht als ausreichend angesehen, den eingeschlagenen Weg noch abzubrechen und von der Einstufung der HKNP als Bedrohung abzurücken. Minister Lee verwies in seinem Statement nur relativ kurz darauf, dass auch von einer »bewaffneten Revolution« die Rede gewesen sei, als die Partei in den vergangenen zwei Jahren versucht habe, immer mehr Unterstützung für ihre Sache aufzubauen.
Unklar ist, welche Implikationen das Verbot im Detail hat. Beispielsweise, ob nun Journalisten untersagt ist, mit HKNP-Vertretern zu sprechen und deren Äußerungen zu publizieren. Oder ob einfache Bürger, die Verlautbarungen der Gruppe in den sozialen Medien teilen, Strafverfolgung fürchten müssen. Chan und seinen Kollegen bleibt die Möglichkeit, binnen 30 Tagen Einspruch einzulegen. Dann müssten sich Verwaltungschefin Carrie Lam bzw. der Exekutivrat noch einmal endgültig mit der Angelegenheit befassen.
Vier Jahre ist es her, seit zwischen Oktober und Dezember 2014 vor allem Schüler und Studenten in der sogenannten Regenschirm-Bewegung fast 80 Tage mit ihrem Massenprotest gegen Wahlrechtsänderungen aushielten. Die Aktionen, die sich das das Bankenviertel konzent- rierten, wo auch die politischen Institutionen ihren Sitz haben, brachten eine ganze Generation von jungen neuen Politikern und ihren Gruppierungen hervor, die sich – bei punktuellen Unterschieden – alle gegen eine von ihnen wahrgenommene stärkere Einmischung der Zentralregierung in Peking in die internen Hongkonger Belange wandten, insbesondere auch die Vorauswahl jener Kandidaten für das Amt des Verwaltungschefs. Prominente oppositionelle Vorkämpfer, die zeitweise Sitze im Legislativrat gewonnen hatten, mussten diese im Streit um die Verweigerung oder Abänderung der Eidesformel wieder abgeben. Die ehemals studentischen Aktivisten Nathan Law, Joshua Wong und Alex Chow wurden wegen ihrer Rolle bei den Protesten 2014 zu mehrmonatigen Freiheitsstrafen verurteilt. Voriges Jahr, bei den Feierlichkeiten zum Jubiläum der Rückgabe Hongkongs, hatte Chinas Präsident Xi Jinping sehr deutlich unterstrichen, dass die Zentralregierung jegliche separatistische Bestrebungen in Hongkong nicht dulden werden, was in der Metropole in oppositionellen Kreisen als klare Drohung interpretiert wurde.
Unklar ist, welche Implikationen das Verbot im Detail hat. Beispielsweise, ob nun Journalisten untersagt ist, mit HKNP-Vertretern zu sprechen und deren Äußerungen zu publizieren.