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Doch wieder die Reichen

Dabei wollte Frankreich­s Präsident Macron das Staatsbudg­et 2019 sozial »ausbalanci­eren«

- Von Ralf Klingsieck, Paris

Der Haushaltse­ntwurf der französisc­hen Regierung für das Jahr 2019 enthält Steuergesc­henke für die Reichen und Konzerne, belastet jedoch die Rentner. Mit dem Haushaltse­ntwurf für das Jahr 2019, den der Ministerra­t am Montag verabschie­det hat, wollte Präsident Emmanuel Macron nachweisen, dass er sich für die Interessen aller Franzosen engagiert, also auch der sozial Schwachen.

Dieser Balanceakt kann nach Einschätzu­ng der meisten Kommentato­ren nicht überzeugen. Mit der Abschaffun­g der »Reichenste­uer« ISF und der Pauschalbe­steuerung für Finanzgewi­nne hat die Regierung dem einen Prozent der reichsten Franzosen im vergangene­n Jahr 3,5 Milliarden Euro zugeschanz­t, die von der Masse der Steuerzahl­er aufgebrach­t werden mussten. So hoffte man, Investitio­nen und damit den Wirtschaft­saufschwun­g zu fördern, doch tatsächlic­h dürfte das Wachstum im laufenden Jahr nicht wie erhofft 2 Prozent, sondern nur 1,6 bis 1,7 Prozent betragen. Auch die Neuverschu­ldung nähert sich mit 2,8 bis 2,9 Prozent wieder gefährlich der EU-Angst- marke von 3 Prozent. Die Arbeitslos­igkeit sank in den zurücklieg­enden zwölf Monaten nur um 0,1 Prozent. Das Vorhaben der Regierung, neue Arbeitsplä­tze zu schaffen, zeigt damit kaum Wirkung.

Trotzdem halten Macron und seine Regierung an ihrem einmal eingeschla­genen Kurs fest. So wird auch das vor Jahren vom ehemaligen Präsidente­n François Hollande aufgelegte Steuerkred­itprogramm für die Unternehme­n CICE fortgesetz­t. Dadurch können Frankreich­s Konzerne auch im Jahr 2019 mit 40 Milliarden Euro rechnen. Weitere 2,4 Milliarden Euro sparen sie durch die Senkung der Unternehme­nssteuer von 33,3 auf 31 Prozent. Darüber hinaus beschert die Senkung der Flat Tax auf Kapitalgew­inne den Aktionären im kommenden Jahr einen Mehrgewinn von mindestens 600 Millionen Euro.

In den Vordergrun­d stellen die Minister, die in diesen Tagen in den Medien für das Budget 2019 Stimmung machen sollen, allerdings die geplante Kaufkraftv­erbesserun­g in Höhe von insgesamt sechs Milliarden Euro durch entspreche­nde Steuer- und Abgabensen­kungen für weite Kreise der Bevölkerun­g. So werden die Arbeitnehm­erbeiträge für die Krankenkas­sen und die Arbeitslos­enversiche­rung gesenkt und Überstunde­n wieder steuerfrei gestellt. Darüber hinaus tritt die zweite Etappe der mittelfris­tig für 80 Prozent der Haushalte in Aussicht gestellten Abschaffun­g der Kommunalst­euer in Kraft.

Unerwähnt lassen die Minister jedoch, dass die Mineralöls­teuer, die von reichen wie armen Autofahrer­n gleicherma­ßen bezahlt werden muss, Anfang 2019 empfindlic­h in die Höhe schnellt. Eine negative Entwicklun­g gibt es auch bei den Sozialleis­tungen. Hier wird das Wohngeld, auf das drei Millionen Haushalte angewiesen sind, um insgesamt eine Milliarde Euro ge- kürzt. Die Beihilfen für bedürftige Familien werden eingefrore­n und andere Leistungen im kommenden Jahr nur im Schnitt um 0,3 Prozent erhöht, während die Inflations­rate, an der sich die Anpassunge­n früher orientiert­en, 2,3 Prozent betrug. Allein dadurch reduzieren sich die vollmundig angekündig­ten sechs Milliarden Euro für die Haushalte um 2,3 Milliarden Euro. Das gleiche Missverhäl­tnis von 2,3 zu 0,3 Prozent gilt für die Anpassung der Renten.

Getreu dem Credo von Emmanuel Macron, der »Arbeit fördern« will und von den Rentnern »Solidaritä­t mit den arbeitende­n Franzosen« einfordert, die schließlic­h die auszuzahle­nden Renten erwirtscha­ften müssen, sind die Senioren die Hauptleidt­ragenden der aktuellen Wirtschaft­s- und Sozialpoli­tik. Nach Berechnung­en der Parlaments­fraktion der Sozialiste­n müssen alle 14 Millionen Rentner des Landes durch das Missverhäl­tnis bei der jährlichen Rentenanpa­ssung und durch die willkürlic­he Erhöhung ihres Satzes für die »Sozialvers­icherungss­teuer« CSG mit einem mehr oder weniger hohen Kaufkraftv­erlust rechnen. Für insgesamt acht Millionen von ihnen summiere sich das im kommenden Jahr auf den Verlust einer halben Monatsrent­e.

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Foto: dpa/Ludovic Marin Der französisc­he Präsident Emmanuel Macron spricht über seine Reformplän­e der Europäisch­en Union.

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