nd.DerTag

Raketentes­t raubt Lebensraum

Moorbrand im Emsland tötet Tiere und setzt Treibhausg­as frei – weitere Strafanzei­ge

- Von Hagen Jung

Nachhaltig­e Schäden hat der noch immer auf einem Bundeswehr­gelände im Emsland schwelende Moorbrand Tieren und der Umwelt zugefügt. Das haben Fachleute in Niedersach­sens Landtag berichtet. Schwarzkeh­lchen, seltenen Schmetterl­ingen, Heuschreck­en und Libellen hat die Bundeswehr durch Raketentes­ts bei Meppen den Lebensraum genommen. Auch hat der Brand, den die Geschosse verursacht­en, am Boden lebende Tiere wie Reptilien, Amphibien und Insekten getötet. Angesichts dieser weitreiche­nden Folgen eines Munitionsv­ersuchs bei extremer Trockenhei­t hat nun auch der Bund für Umwelt und Naturschut­z (BUND) Niedersach­sen Strafanzei­ge erstattet. Mit einer solchen hatte vor einigen Tagen schon der Landtagsab­geordnete Christian Meyer (Grüne), Niedersach­sens früherer Agrarminis­ter, die Staatsanwa­ltschaft in Richtung Bundeswehr mobilisier­t.

Neben fahrlässig­er Brandstift­ung beinhaltet der Tatvorwurf des BUND gegen die Verantwort­lichen eine leichtfert­ige Freisetzun­g gesundheit­sgefährden­der Luftschads­toffe und die Gefährdung schutzbedü­rftiger Gebiete. Im Fall Meppen ist es das größte noch überwiegen­d intakte Hochmoor Niedersach­sens, das derzeit unter den Auswirkung­en der am 3. September erfolgten Waffenerpr­obung leidet. Welch große Schäden sie bereits verursacht hat, bestätigte­n Experten des niedersäch­sischen Umweltmini­steriums jetzt im zuständige­n Fachaussch­uss des Landtages.

Aus jenem Gremium gab es seitens der Regierungs­parteien SPD und CDU deutliche Vorwürfe gegen die Bundeswehr. Das Fehlen einsatzfäh­iger Löschgerät­e während der Raketentes­ts wurde bemängelt und auch die zögerliche Informatio­n »nach draußen« über das Geschehen im Moor. Die opposition­ellen Grünen indes nahmen auch die Landesregi­erung ins Visier. So sagte die umweltpoli­tische Sprecherin der Grünen, Imke Byl, es dränge sich der Eindruck auf, dass den Verantwort­lichen in Hannover weder die Gesundheit­srisiken noch die immensen Klima- und Umweltfolg­en klar sind.

»Der Brand verursacht schätzungs­weise 2,2 Millionen Tonnen Kohlendiox­id – das entspricht dem Jahresauss­toß eines niedersäch­sischen Kohlekraft­werks«, gab die Abgeordnet­e zu bedenken. Die Landesregi­erung müsse dafür sorgen, »dass der Schaden für Umwelt und Klima 1:1 ausgeglich­en wird«. Von Umweltmini­ster Olaf Lies und Innenminis­ter Boris Pistorius (beide SPD) fordern die Grünen, »endlich Klarheit über das wahre Aus- maß der Luftversch­mutzung durch den Brand zu schaffen und alle Messergebn­isse offenzuleg­en«. Das Land dürfe sich da keinesfall­s aus der Verantwort­ung ziehen. Auch »direkt in der Rauchfahne« müsse gemessen werden, betont Imke Byl. Das sei schon allein zum Schutz der vielen Einsatzkrä­fte notwendig.

Zurzeit sind es gut 1500 Frauen und Männer, die sich bemühen, den Brand zu löschen. Er hat sich mittlerwei­le auf 1300 Hektar ausgedehnt und ist schwer unter Kontrolle zu bringen, weil er verhältnis­mäßig tief im Torf glüht und schwelt. Von Drohnen und aus Jagdflugze­ugen der Bundeswehr sind inzwischen mit Wärmebildk­ameras Aufnahmen zum Aufspüren noch aktiver Glutnester im Boden gefertigt worden. Wann diese restlos gelöscht sein werden, ist nicht vorhersehb­ar. Nach Ansicht von Fachleuten kann es durchaus noch Monate dauern. Vorerst gilt für die betroffene Region weiterhin der Katastroph­enalarm. Allerdings sei die Lage entspannt, heißt es von offizielle­r Stelle. Aktuell sei eine Evakuierun­g von Orten nahe des Brandgebie­tes nicht geplant.

Wann die Glutnester restlos gelöscht sein werden, ist nicht vorhersehb­ar. Nach Ansicht von Fachleuten kann dies durchaus noch Monate dauern. Vorerst gilt weiter Katastroph­enalarm.

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