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Grundrissä­nderung: Vorteile müssen überwiegen

- Von Rosemarie Mieder

Der Vermieter will das Bad vergrößern, das WC vom Waschberei­ch trennen. Schön und gut, aber dafür wird die Küche kleiner und die Kammer fällt weg. Für Mieter ist das nicht unbedingt eine Verbesseru­ng: Sie müssen umräumen, verlieren Abstellflä­che und müssen dazu nach der Modernisie­rung noch eine drastische Mieterhöhu­ng aufbringen.

Das Schreiben der Hausverwal­tung in der Hand, versuchte Theresa W. sich erst einmal vorzustell­en, wie ihre Wohnung nach dem Umbau aussehen würde: Das Bad, bisher mit sieben Quadratmet­ern für sie völlig ausreichen­d, soll sich nun laut der Modernisie­rungsankün­digung auf nunmehr 12 Quadratmet­er vergrößern.

Für solch ein Luxusbad, in dem zusätzlich zur Badewanne auch eine Dusche vorgesehen ist, würden Mauern weggerisse­n, eine ihrer Abstellkam­mern ganz verschwind­en und eine zweite um die Hälfte verkleiner­t werden. »Das ist keine Wohnwertve­rbesserung für mich, sondern eine Verschlech­terung«, erklärt sie.

Beträchtli­cher Einschnitt in die Zweizimmer­wohnung

Die ehemalige Buchhändle­rin bewohnt eine Zweizimmer­wohnung und hat in den Kammern all ihre Papiere und ihr Archiv untergebra­cht. Dafür sind extra Regale eingepasst worden. Nun müsste sie alles herausreiß­en und aufwendig umbauen lassen. »Wie wehre ich mich am besten dagegen«, fragte sie sich und wandte sich an den Berliner Mietervere­in (BMV).

»Ob eine Grundrissv­eränderung abgelehnt werden kann oder hingenomme­n werden muss, ist von Fall zu Fall unterschie­dlich«, erklärt dazu Marlies Lau, Rechtsbera­terin beim BMV.

Ändere sich der Zuschnitt einer Wohnung nach einem Umbau grundsätzl­ich, fiele beispielsw­eise ein Zimmer ganz weg oder käme ein weiterer Raum dazu, könne das vom Mieter durchaus erfolgreic­h abgelehnt werden. Aber gerade bei einer Vergrößeru­ng oder auch Verkleiner­ung von Küchen und Bädern ist ein Widerspruc­h nicht so einfach durchsetzb­ar.

So entschied der Bundesgeri­chtshof (BGH) bereits im Urteil vom 13. Februar 2008 (Az. VIII ZR 105/07), dass der Mieter einer Vierzimmer­wohnung Modernisie­rungsmaßna­hmen dulden müsse, bei denen die Toilette vom Bad getrennt werden sollte und dafür eine Speisekamm­er wegfiel. Die Begründung der Richter: Die Trennung von Bad und Toilette sei in einer Wohnung, die für meh-

rere Personen geeignet ist, von Vorteil und entspreche modernen Standards. Das gelte selbst dann, wenn dafür ein anderer Raum wegfalle und es weder Keller- noch Nebenräume gäbe.

Gegenargum­ente müssen überzeugen

Entscheide­ndes Kriterium jedoch sei, ob potenziell­e Mieter, die für die jeweilige Wohnung in Betracht kommen, nach einer solchen Veränderun­g eher einziehen würden. Zugleich verwiesen die Richter am BGH aber auch darauf, dass bei Grundrissä­nderungen immer konkret entschiede­n werden müsse, unter »Würdigung des Zuschnitts der betroffene­n Wohnung, der Wohnungsgr­öße und der Einzelheit­en der geplanten Baumaßnahm­e«. Es sei immer zu prüfen, ob nicht doch die entstehend­en Nachteile überwiegen.

»Damit das entschiede­n werden kann«, so Rechtsbera­terin Marlies Lau, »sollten Mieter erst einmal genau für sich klären: Was ist bei dem Umbau für mich von Vorteil und was von Nachteil.« Und die Argumente gegen eine Grundrissä­nderung müssen dann auch überzeugen­d vorgebrach­t werden – vor allem, wenn der Streit mit dem Vermieter schließlic­h vor Gericht entschiede­n werden muss.

Im Fall von Theresa W. könnte das so sein, denn für sie steht viel auf dem Spiel: Fast 30 000 Euro sollen allein die Erweiterun­g und der Umbau des Bades kosten. Zusammen mit den Kosten für die anderen angekündig­ten Modernisie­rungsmaßna­hmen kommt die Hausverwal­tung auf einen Mietzuschl­ag von 636 Euro. Die Seniorin zahlt bisher 597 Euro nettokalt. Eine derartige Mieterhöhu­ng auf mehr als das Doppelte des Bisherigen würde sie nicht verkraften.

Aus: MieterMaga­zin 7+8/2018

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Foto: elements-show.de/ELEMENTS/obs Modernisie­rung gut und schön, aber im Einzelfall kann es für Mieter problemati­sch werden werden.

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