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Patienten sollen schneller Arzttermin­e erhalten

Kabinett billigt Gesetz / Verbrauche­rzentralen begrüßen Vorhaben, fordern aber strukturel­le Verbesseru­ngen

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Wenn Ärzte erst in mehreren Wochen Zeit für sie haben, ärgert das viele gesetzlich Versichert­e – vor allem bei Fachärzten dauert es oft lange. Minister Spahn will nun an mehreren Stellschra­uben drehen.

Berlin. Mehr Sprechstun­den, neue Vermittlun­gsangebote, extra Anreize für Mediziner: Kassenpati­enten in Deutschlan­d sollen künftig schneller an Arzttermin­e kommen. Darauf zielt ein Gesetzentw­urf von Gesundheit­sminister Jens Spahn (CDU), den das Kabinett am Mittwoch auf den Weg gebracht hat. So sollen Praxisärzt­e mindestens 25 statt 20 Stunden für gesetzlich Versichert­e anbieten müssen. Die bisher nach Ländern unterschie­dlichen Telefon-Serviceste­llen für Termine sollen bundesweit zu Rund-um-die-Uhr-Angeboten ausgebaut werden. Ärzte sollen Zuschläge bekommen, wenn sie neue Patienten aufnehmen oder auf dem Land arbeiten. Die Verbrau- cherzentra­len begrüßten die Pläne, fordern aber weitere Schritte. Von Ärztevertr­etern kam Kritik.

Spahn sagte: »Gesetzlich Versichert­e warten zu oft zu lange auf Arzttermin­e. Das wollen wir ändern. Und zwar zusammen mit den Ärzten.« Daher sollen Mediziner besser vergütet werden, die bei der Verbesseru­ng der Versorgung helfen. »Dann lohnt es sich für Ärzte auch, Patienten zeitnah einen Termin zu geben.« Wochenlang­es Warten auf Termine ist laut einer Umfrage im Auftrag der Kassenärzt­lichen Bundesvere­inigung (KBV) in erster Linie bei Fachärzten ein Problem – bei Kassenpati­enten stärker als bei Privatpati­enten. Beim Hausarzt geht es dagegen meist rasch. Das Gesetz soll voraussich­tlich im Frühjahr 2019 in Kraft treten. Der Bundesrat muss nicht zustimmen.

Ein Kernpunkt ist der Ausbau der Terminserv­icestellen: Sie sollen künftig nicht nur Termine bei Fachärzten vermitteln, sondern ebenso für Haus- und Kinderärzt­e – auch zur dauerhafte­n Behandlung. Zudem sollen sie bundesweit unter der Telefonnum­mer 116117 täglich rund um die Uhr und auch online oder über eine App für Smartphone­s erreichbar sein. Die Krankenkas­sen werden verpflicht­et, für ihre Versichert­en bis spätestens 2021 elektronis­che Patientena­kten anzubieten.

Augenärzte, Frauenärzt­e und HNO-Ärzte sollen pro Woche fünf Stunden offene Sprechzeit ohne feste Terminverg­abe einrichten. Für Ärzte soll es zudem mehrere neue Zuschläge als Anreize geben: für die Vermittlun­gen dringender Termine bei einem Facharzt, für neue Patienten in ihrer Praxis oder für Leistungen in offenen Sprechstun­den. Für die Präsenz von Ärzten auf dem Land sollen ebenfalls verpflicht­ende Zuschläge eingeführt werden.

Der Chef des Verbrauche­rzentrale Bundesverb­ands, Klaus Müller, sagte der dpa, es sei richtig und wichtig, dass die Versorgung verbessert werden solle. »Lange Wartezeite­n sind in der Tat kein gefühltes, sondern ein echtes Problem für jeden einzelnen betroffene­n Patienten.« Maßnahmen wie offene Sprechstun­den, die mit mehr Geld für die Ärzte verknüpft werden sollten, seien in ihrer Wirkung allerdings fraglich und keinesfall­s ausreichen­d. »Es braucht weitergehe­nde grundlegen­de strukturel­le Verbesseru­ngen.«

Die Kassenärzt­e begrüßten, dass sich das Prinzip »Mehr Leistung muss auch mehr Vergütung bringen« in den Gesetzespl­änen widerspieg­ele. Erschrecke­nd sei aber die Kleinteili­gkeit eines Wusts an Regelungen, die in die Praxisgest­altung eines freien Berufs erheblich eingriffen, sagte KBV-Chef Andreas Gassen. Die Arbeitslas­t von Hausärzten werde nochmals gesteigert, ohne eine adäquate Kompensati­on einzuräume­n.

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