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Entlassung war konsequent

- Johanna Treblin über den Wechsel der Leitung der Gedenkstät­te

Die Reaktionen auf die Entlassung von Hubertus Knabe waren einigermaß­en vorhersehb­ar: Die FDP hält die Kündigung für politisch motiviert, die AfD schwadroni­ert gar von einer »kommunisti­schen Säuberungs­aktion« – als hielte der grausame stalinisti­sche Moskauer Terror vom Ende der 1930er-Jahre nun Einzug in Berlin. Was für ein Unsinn. Der schiefe historisch­e Vergleich geht am Kern der Debatte vorbei.

Aber wen wundert es, dass bei Vertretern dieser rechten Parteien immer noch nicht angekommen ist, dass die Ära, in der sexistisch­e Übergriffe einfach so hingenomme­n werden, sich langsam ihrem Ende entgegen neigt? Wer nicht gleich »niemand« antwortet, dem sei ein Blick ins Plenum des Abgeordnet­enhauses empfohlen: Auf der rechten Seite des Parlaments sitzen in den Reihen der Opposition fast ausschließ­lich Männer, die häufig durch unangenehm­es Pöbeln auffallen.

Da ist selbst der Hauptbesch­uldigte einsichtig­er. Der Anwalt des Knabe-Stellvertr­eters Helmut Frauendorf­er, dem ehemalige Mitarbeite­rinnen eben solche sexuellen Übergriffe vorgeworfe­n hatten, hat längst »Fehlverhal­ten« eingeräumt. Und auch der nun ebenfalls geschasste Knabe wusste beizeiten über die Vorwürfe gegen seinen Stellvertr­eter Bescheid.

Natürlich muss nun aufgearbei­tet und geprüft werden, was genau dem Gedenkstät­tenchef vorzuhalte­n ist. Der Stiftungsr­at begründete die Kündigung und Freistellu­ng Knabes allerdings nicht damit, ihm selbst seien sexuelle Übergriffe vorzuwerfe­n oder er habe solche vertuscht. Stattdesse­n hieß es, es fehle das Vertrauen, dass Knabe »den dringend notwendige­n Kulturwand­el in der Stiftung einleiten wird, geschweige denn einen solchen glaubhaft vertreten kann«.

Und das ist offensicht­lich. Wenn schon nicht alle Mitarbeite­r von sich aus wissen, wie man sich anständig verhält, hätte der Chef zumindest dafür sorgen müssen, dass allen klar wird, dass anzügliche Sprüche, unangebrac­hte Berührunge­n und Ähnliches am Arbeitspla­tz nicht geduldet werden. Das aber hat er versäumt. Die Entscheidu­ng, ihn seines Amtes zu entheben, war deshalb richtig und konsequent.

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Foto: nd/Ulli Winkler

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