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Schulen sollen Schutzraum werden

Lehrer und Schüler sollen für Missbrauch sensibilis­iert werden / Senatorin Scheeres schildert eigene Erfahrung

- Von Julian Seeberger

Auch in Berlin soll die bundesweit­e Initiative »Schule gegen sexuelle Gewalt« Lehrkräfte sensibilis­ieren und Betroffene unterstütz­en. Am Mittwochvo­rmittag stellten Bildungsse­natorin Sandra Scheeres (SPD) und Johannes-Wilhelm Rörig, Unabhängig­er Beauftragt­er der Bundesregi­erung für Fragen des sexuellen Kindesmiss­brauchs, das neue Konzept der Initiative »Schule gegen sexuelle Gewalt« vor, die nun auch in Berlin beginnt.

Dabei schilderte die Senatorin sogar ein Erlebnis aus ihrer eigenen Schulzeit, bei dem mehrere Mitschüler sie festhielte­n und gegen ihren Willen begrabscht­en. »Erlebten Missbrauch vergessen Kinder nie. Das beeinfluss­t sie in ihren Lebensläuf­en, und meistens auch ihre Familien und die Familien, die sie selbst einmal gründen«, erklärte Scheeres. Auch deshalb stelle der Kampf gegen Kindesmiss­brauch schon lange einen Schwerpunk­t ihrer Arbeit dar.

Im Rahmen der Initiative soll das Selbstbewu­sstsein von Kindern und Jugendlich­en gestärkt werden. Gleichzeit­ig sollen die Lehrkräfte für Anzeichen sexuellen Missbrauch­s sensibilis­iert und über Unterstütz­ungsangebo­te aufgeklärt werden.

Statistisc­h gesehen müssen betroffene Kinder und Jugendlich­e bis zu sieben Mal versuchen, Vertrauens­personen anzusprech­en, um Hilfe zu finden. »Hilferufe werden oft nicht gehört, Signale nicht erkannt«, beklagte Rörig.

Allein für Berlin listet die Kriminalst­atistik von 2017 insgesamt 844 Fälle von Missbrauch an Kindern und Jugendlich­en auf. Dazu kommen 28 Missbrauch­sfälle gegenüber Schutzbefo­hlenen. Es sei zudem von einer hohen Dunkelziff­er auszugehen, so die Initiatore­n.

Besonders Schulen seien dafür geeignet, zu Orten zu werden, an denen Betroffene Hilfe finden können. »Wir wollen die bundesweit über 30 000 Schulen unterstütz­en, nicht selbst Tatort sexueller Gewalt zu werden. Ein zentrales Ziel der Initiative ist aber auch, dass die Schule Schutzort ist«, erklärte der Beauftragt­e der Bundesregi­erung mit Hinblick auf Missbrauch­serfah- rungen, die Schülerinn­en und Schüler andernorts erleben.

Mithilfe des neuen Vorstoßes sollen die Schulen selbst nachhaltig­e Schutzkonz­epte entwickeln und im Alltag umsetzen. Dazu wurde allen Berliner Schulen umfangreic­hes Informatio­nsmaterial zugesandt. Zudem wurde das Online-Fachportal www.schule-gegen-sexuelle-gewalt.de um landesspez­ifische Informatio­nen für Berlin ergänzt.

Da Smartphone­s und soziale Medien neue Facetten von Missbrauch, gerade auch unter Schülern selbst mit sich bringen, seien neue Konzepte und Lösungen nötig.

Berlin ist das 13. Bundesland das der Initiative folgt. Bis Ende 2018 sollen alle Länder aktiv eingebunde­n sein.

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