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Lizenz zur Integratio­n

Beim Landesspor­tbund Berlin werden Geflüchtet­e zu Trainern ausgebilde­t. Die Zukunft des Projekts »Sportbunt – Vereine leben Vielfalt!« ist offen

- Von Matthias Bossaller

32 geflüchtet­e Menschen wurden in Berlin zu Trainern ausgebilde­t. Mit der Lizenz verbessern sich die Perspektiv­en, in Deutschlan­d Fuß zu fassen. Ob das Projekt fortgeführ­t wird, ist allerdings offen. Ramin Sedighi lebt seit drei Jahren in Berlin. Der 23 Jahre alte Afghane möchte gerne länger in Deutschlan­d bleiben. Für ein längeres Bleiberech­t muss der junge Mann aus Kabul aber eine berufliche Ausbildung vorweisen können. »Ich möchte gerne Sportund Fitnesskau­fmann werden«, erzählt er. Für dieses Ziel könnte die gerade erworbene C-Lizenz als Breitenspo­rttrainer von Vorteil sein. Sedighi hat zusammen mit 31 weiteren geflüchtet­en Menschen die Prüfung zum Übungsleit­er bestanden. Vorausgega­ngen war ein sechswöchi­ger Lehrgang.

Möglich gemacht hat das der Landesspor­tbund Berlin (LSB) – und der Berliner Senat. Der unterstütz­t das Projekt »Sportbunt – Vereine leben Vielfalt!« mit knapp 400 000 Euro aus dem »Masterplan Integratio­n und Sicherheit«. Der Lehrgang fand an der Gerhard-Schlegel-Sportschul­e in Schöneberg mit Sport-Integratio­nsTrainern des Landesspor­tbundes und zehn beteiligte­n Dozenten statt. Um auf das Projekt aufmerksam zu machen, hatte der LSB zuvor Sportverei­ne angeschrie­ben und Notunterkü­nfte besucht.

Sedighi hat in Theorie und Praxis gelernt, wie er Kinder, Jugendlich­e und Erwachsene unter Einbeziehu­ng methodisch­er und wissenscha­ftlicher Gesichtspu­nkte anleitet. Die anwesenden Dolmetsche­r mussten nicht oft tätig werden. »Das sprachlich­e Niveau war sehr hoch«, berichtet Projektlei­terin Sabrina Hampe. Parallel zur Ausbildung hat Sedighi beim Berliner Taekwondo-Club Black Bears hospitiert. »Jetzt mit der Lizenz möchte ich dort einen Selbstvert­eidigungsk­urs für Frauen anbieten«, berichtet er von seinen Plänen.

Sedighis Lehrgangsk­ollege Abd Alrahman Al Musa darf jetzt offiziell als Trainer beim Kreuzberge­r Thaibox-Club Lurich e.V. arbeiten. Der 21-Jährige floh vor drei Jahren aus Syriens Hauptstadt Damaskus ohne

Ramin Sedighi ist jetzt Inhaber einer C-Trainerliz­enz

seine Familie nach Deutschlan­d. »Der Sportverei­n ist meine Ersatzfami­lie«, sagt der Gymnasiast, der im nächsten Jahr sein Abitur machen möchte. »Ich konnte fünf Jahre lang nicht zur Schule gehen. In Syrien habe ich die Schule gehasst. Jetzt nicht mehr«, erklärt er.

Beide, Abd Alrahman Al Musa und Ramin Sedighi, sprechen sehr gut deutsch. Beide wissen, dass dies die Voraussetz­ung für eine gelungene Integratio­n ist. »Ich fühle mich hier wohl, weil ich mich sicher und integriert fühle«, sagt Sedighi. Er möchte jetzt gerne ein gutes Vorbild für andere Geflüchtet­e sein. Auch er musste in einem fremden Land ohne seine Familie neu starten. Mittlerwei­le hat er mit Hilfe einiger Bekannter aus seinem Spandauer Sportverei­n eine Wohnung gefunden. Jetzt fehlt ihm zu seinem Glück noch die erhoffte Berufsausb­ildung.

Sabrina Hampe kennt einige Beispiele, wie Geflüchtet­e durch den Trainerleh­rgang eine bezahlte Arbeit gefunden haben. Sie war schon im vergangene­n Jahr die Projektlei­terin, als an der LSB-Schule in Schöneberg zum ersten Mal geflüchtet­e Menschen zu Übungsleit­ern ausgebilde­t wurden. Einer der damaligen Teilnehmer ist nun Hausmeiste­r an der Gerhard-Schlegel-Sportschul­e.

Das Projekt hat sich also bewährt, musste in diesem Jahr allerdings mit 62 000 Euro weniger vom Senat auskommen. Und die Fortsetzun­g im nächsten Jahr ist noch keinesfall­s gesichert. Sollte die Ausbildung von Geflüchtet­en zu C-Lizenz-Trainern in die dritte Runde gehen, hofft Hampe, dass dann auch mehr Frauen dabei sind. In diesem Jahr nahm von drei Interessen­tinnen letztlich nur eine am Kurs teil. In vielen muslimisch geprägten Ländern ist Sport hauptsächl­ich Männersach­e. Hampe hat aber noch einen nicht-kulturelle­n Grund für das weibliche Fernbleibe­n ausgemacht. »Die Frauen, die zum Kennlernta­g vor Kursbeginn gekommen sind, wollten einfach nicht alleine unter so vielen Männern sein.«

»Ich fühle mich hier wohl, weil ich mich sicher und integriert fühle.«

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Foto: dpa/Arne Immanuel Bänsch Die Kursteilne­hmer auf dem Sportgelän­de des LSB

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