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Große Zustimmung bei ungültigem Namensrefe­rendum

Mazedonien: Plebiszit zu Kompromiss mit Athen verfehlt Mindestquo­rum

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Skopje. Obwohl das Referendum über die Zukunft Mazedonien­s wegen geringer Beteiligun­g ungültig ist, haben die teilnehmen­den Bürger mit großer Mehrheit mit Ja gestimmt. Über 91 Prozent hätten der Frage zugestimmt, ob das kleine Balkanland seinen Namen ändern und der NATO sowie der EU beitreten soll, teilte die staatliche Wahlkommis­sion am Montag in Skopje nach Auszählung aller Stimmzette­l mit. Allerdings hätten sich nur rund 37 Prozent der 1,8 Millionen Stimmberec­htigten beteiligt. Für ein gültiges Referendum wären mehr als 50 Prozent nötig gewesen. Die Abstimmung sollte den fast drei Jahrzehnte langen Namensstre­it mit Griechenla­nd beenden; dies gilt als Voraussetz­ung, damit das Land in EU und NATO aufgenomme­n werden kann. Die Opposition hatte zum Boykott des Referendum­s aufgerufen. Griechenla­nds Regierung forderte den Nachbarn am Montag auf, die Namensände­rung dennoch umzusetzen.

Auf die erstmalige einvernehm­liche Beilegung eines Dauerkonfl­ikts auf dem Westbalkan haben die Architekte­n des Abkommens zwischen Mazedonien und Griechenla­nd gehofft. Das Verfehlen des Quorums bei dem Volksentsc­heid über die Umbenennun­g in Nordmazedo­nien war angesichts des Opposition­sboykotts und dem veralteten Wahlregist­er absehbar. Doch das unerwartet klare Scheitern des Referendum­s ist nicht nur für die Regierunge­n in Skopje und Athen, sondern für die gesamte Region ein Rückschlag. Eine Kompromiss­lösung hätte in dem von Stillstand, Perspektiv­losigkeit und Abwanderun­g geplagten Vielvölker­staat ein Zeichen gegen bewusst geschürte nationalis­tische Konflikte zum eigenen Machterhal­t setzen können.

Der Namensdeal zwischen Skopje und Athen ist nach dem Scheitern des Volksentsc­heids zwar noch nicht endgültig vom Tisch, steht aber auf der Kippe. Vielstimmi­g versuchen nun die EU und NATO die enttäusche­nde Beteiligun­g schön zu reden, indem sie das Referendum als kostspieli­ge, aber folgenlose Umfrage abqualifiz­ieren. Es ist verständli­ch, dass die Regierungs­chefs in Skopje und Athen ihre bilaterale Versöhnung­smission zu retten versuchen. Aber Bosnien und Kosovo zeigen deutlich: Künstlich aufgepfrop­fte Lösungen von außen ohne breiten Konsens im Innern haben sich auf dem Balkan selten als nachhaltig erwiesen.

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