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Im Geldwaschs­alon

Der Skandal um die größte Bank Dänemarks beschäftig­t nun auch die EU-Politik

- Von Hermannus Pfeiffer

Banken und Aufseher haben im Kampf gegen illegale Schwarzgel­der versagt. Die EU-Finanzmini­ster wollen dies ändern. Doch die Lücken sind größer als befürchtet. Dieser Fall sprengt alles bisher Dagewesene. Die Danske Bank hat nach eigenen Angaben umgerechne­t 200 Milliarden Euro »gewaschen« – Gelder, die im Verdacht stehen, aus illegalen Quellen zu stammen. Die Milliarden wurden von 15 000 ausländisc­hen Kunden in einer Niederlass­ung in Estland eingezahlt. Zwischen 2007 und 2015 wurden in Tallinn 9,5 Millionen verdächtig­e Transaktio­nen überwiegen­d in Dollar und Euro abgewickel­t.

Ihre estnische Niederlass­ung hatte die Danske Bank 2007 von einer finnischen Bank gekauft. Jahrelang konnten Kunden aus dem postsowjet­ischen Raum dort hohe Beträge einzahlen, Sparkonten eröffnen oder Fondsantei­le erwerben, ohne kontrollie­rt zu werden. Dies geht aus einem 87-seitigen Report hervor, den Dänemarks größte Bank Mitte September veröffentl­ichte. Über die estnische Niederlass­ung gelangten die offenbar illegalen Geldsummen vor allem aus Russland in den offizielle­n Finanz- und Wirtschaft­skreislauf in der EU. Am Montag trennte sich die Danske Bank mit sofortiger Wirkung von ihrem Chef Thomas Borge, der bereits seinen Rücktritt angeboten hatte, und berief Jesper Nielsen zum Interimsna­chfolger.

EU-Banken sind eigentlich verpflicht­et, Kunden und Geschäftsb­eziehungen zu überprüfen. Als der dänische Waschsalon eröffnet wurde, waren aber erst Beträge ab 15 000 Euro meldepflic­htig. Anderersei­ts galten schon damals Einzahlung­en aus Drittlände­rn als heikel. Seither wurden die Regeln in der Europäisch­en Union noch zwei Mal verschärft. Seit diesem Jahr gilt die 5. Geldwäsche­richtlinie der EU, die bis 2020 in nationales Recht umgesetzt werden müsste.

Inzwischen weitet sich der Skandal um den dänischen Waschsalon aus. Die Europäisch­e Kommission hat die EU-Bankenaufs­ichtsbehör­de EBA in London aufgeforde­rt zu prüfen, ob die Ämter in Dänemark und Estland ihren Pflichten nachgekomm­en sind. In beiden Ländern laufen zudem strafrecht­liche Ermittlung­en, auch Behörden in den USA und Großbritan­nien untersuche­n den Fall. EU-Justizkomm­issarin Vera Jourova hat den Skandal auf die Tagesordnu­ng des Treffens der EU-Finanzmini­ster am Dienstag in Luxemburg gesetzt. Sie will dort eigene Vorschläge zur Verhinderu­ng von Geldwäsche vorlegen.

Brisant ist der Vorgang auch, weil in den vergangene­n Jahren schon mehrere andere große Geldwäsche­fälle in Malta, Lettland und Estland, in den Niederland­en und Deutschlan­d erhebliche Zweifel an den Aufsichtsä­mtern weckten. Hierzuland­e ist seit kurzem der Zoll zuständig, wo

Sven Giegold, Grüne

sich aber wegen Personalma­ngels die unbearbeit­eten Fälle stapeln.

Für Banken kann Beihilfe zur Geldwäsche lukrativ sein: Die Beratungsg­esellschaf­t Boston Consulting schätzt, dass an die Institute ein Drittel des gewaschene­n Geldes gezahlt wird. Die estnische Niederlass­ung der Danske Bank galt als dermaßen profitabel, dass die Zentrale in Kopenhagen hätte stutzig werden müssen. Auch gab es im Jahr 2013 Hinweise eines Whistleblo­wers, der man ebenfalls nicht nachging. Eine mögliche Erklärung: Wenn Vorstände Gesetzesve­rstöße aufdecken, drohen empfindlic­he Strafen, welche die Gewinne und damit die Boni der Manager schmälern.

Der Prüfauftra­g der EU-Kommission an die EBA gilt nur als erster Schritt. »Die Durchsetzu­ng europäisch­en Rechts allein reicht nicht, um weitere Geldwäsche-Skandale zu verhindern«, warnt der Grünen-Europapoli­tiker Sven Giegold. So musste die EBA ihre Verfahren gegen die offenbar ungenügend­e Arbeit der Behörden auf Malta einstellen, weil einige Punkte in der EU-Geldwäsche­richtlinie zu schwammig formuliert sind. Auch linke und sozialdemo­kratische Politiker fordern daher Nachbesser­ungen im EU-Recht. Experten bezweifeln zudem, ob nationale Aufsichtsb­ehörden ausreichen können, um grenzübers­chreitende Geldwäsche einzudämme­n. Ökonomen wie Rudolf Hickel treten seit langem für eine europäisch­e Behörde zur Bekämpfung der Geldwäsche ein.

»Die Durchsetzu­ng europäisch­en Rechts allein reicht nicht, um weitere Geldwäsche­Skandale zu verhindern.«

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