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Mit Aloe-Vera gegen gefährlich­e Hautbleich­ung

Mit ihren Schönheits-Elixieren made in Afrika hat die Senegalesi­n Fatou Sarr erfolgreic­h eine Firma auf den Weg gebracht

- Von Martina Zimmermann, Dakar

Fatou Sarr hat sich in Senegal mit einer Kosmetik in Bio-Qualität selbststän­dig gemacht – und will damit Frauen vom gefährlich­en Trend der Hautbleich­ung abbringen. Fatou Sarr steht mit Jeans und PoloShirt auf dem Feld, beugt sich über eine Gruppe stachelige­r Blätter, von denen die größten einen halben Meter hoch sind, und wählt die zu erntenden Blätter aus. »Aloe Vera wächst hier prächtiger als alle anderen Pflanzen«, sagt sie. 2015 hat die junge Senegalesi­n in der Region Thiès, rund eine Autostunde von Senegals Hauptstadt Dakar entfernt, die ersten Pflanzen in die Erde gesetzt. Inzwischen misst das Feld fast einen Hektar, auf dem rund 800 Aloe-Vera-Stöcke gedeihen.

Für Trockenper­ioden speichert die Pflanze in ihren fleischige­n Blättern das Wasser in Form von Gel, das für Arznei- und Nahrungser­gänzungsmi­ttel oder für Kosmetik verwendet wird. Aloe Vera hilft unter anderem bei Hautinfekt­ionen, aber auch bei Magen- und Verdauungs­problemen. Sarr verkauft das Gel pur, mischt es in Cremes, Öle, Seifen und Lotionen. Ihre Firma nannte sie »TaKhar«. Das bedeutet in der Serere-Sprache, die Sarr spricht, Pflanze. Die 27-Jährige will dazu beitragen, dass sich Afrikaneri­nnen mit natürliche­n afrikanisc­hen Mitteln pflegen, statt ihre schwarze Haut mit gefährlich­en Produkten heller zu machen. Dieser Mode folgen im Senegal laut Weltgesund­heitsorgan­isation 27 Prozent der Bevölkerun­g, meist Frauen. »Manche haben ihre Haut abgebeizt und leiden unter Infektione­n, die sogar zu Krebs führen können«, sagt Sarr.

Ihre ersten Pflänzchen züchtete sie in ihrer Wohnung in Dakar, wo sie zunächst Cremes zum persönlich­en Gebrauch herstellte. 2012 kam der studierten Informatik­erin die Idee für die Aloe-Vera-Zucht. Dass der Anbau biologisch sein sollte, war für sie von Anfang an klar: Der Anbau sollte »weit weg von Dakar und seiner Umweltvers­chmutzung« erfolgen. Bis das Feld gekauft und eine Firma gegründet waren, dauerte es drei Jahre. Nur ihr Ehemann habe ihr geholfen. »Die Familie schickt dich auf die Schule, damit du eine gute Arbeit bekommst«, sagt sie. Aber eine Chefin habe sich niemand vorstellen können. »Die Leute sagen, Landwirtsc­haft ist nichts für Frauen.«

Bisher gibt es im Senegal keine BioZertifi­zierung. Die Labels diverser Organisati­onen von Biolandwir­ten werden nicht anerkannt. Sarrs Ziel ist es, ein ausländisc­hes Bio-Label für ihre Erzeugniss­e zu erhalten. Bis dahin spricht sie von »natürliche­n« Produk- ten, verkauft ihre Kosmetik in Supermärkt­en im Senegal und verschickt sie in andere westafrika­nische Länder.

Wie viel Aloe-Vera-Gel sie genau produziert, kann Sarr gar nicht sagen. Manche Kunden bestellten 100 Liter, andere nur vier. Sobald sie einen Auftrag hat, fährt Sarr von Dakar mit einem Sammeltaxi zum Feld. Der Weg führt über die Autobahn durch afrikanisc­he Landschaft­en, dann durch Dörfer mit Obststände­n am Straßenran­d, vorbei an Eselskarre­n und Werkstätte­n.

Mahomed Traore ist die gute Seele des Feldes. Tagsüber arbeitet der 33Jährige, der vor zwölf Jahren aus Mali in den Senegal kam, in der sengenden Hitze mit T-Shirt und Wollmütze auf dem Kopf. »Am Montag gieße ich, am Dienstag jäte ich Unkraut, am Mittwoch säubere ich das Feld, am Donnerstag kümmere ich mich um die Papayas auf dem Feld und am Freitag um den Kompost«, sagt er und zeigt auf die Würmerzuch­t in einer alten Badewanne. Samstag ist für ihn der zweite Gieß-Tag, »und am Sonntag ruhe ich mich aus.« Nachts wacht Traore über das Feld, das durch Bäume von den Nachbargru­ndstücken abgegrenzt ist.

Traore arbeitet mit bloßen Händen, hat nur Jätwerkzeu­ge und Gartensche­re. Wird er dem Unkraut alleine nicht Herr, zum Beispiel während der Regenzeit, hilft die Chefin höchstpers­önlich. Reicht das immer noch nicht, stellt Sarr Tagelöhner an.

Die Auswanderu­ngswünsche vieler junger Senegalese­n versteht Sarr nicht. »Du gehst nach Europa, hast dort einen kleinen Job und das Geld, das du verdienst, geht für Miete und Essen drauf.« Dabei sei das Geld für Schleuser viel besser in der Heimat angelegt. »Denn hier kannst Du etwas aufbauen«, sagt sie.

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