nd.DerTag

Wo sollen wir noch hin?

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Sie sterben. Eine nach der anderen. Über denen, die noch da sind, schwebt das Damoklessc­hwert. Linke Kneipen, Lokale und Veranstalt­ungsorte verschwind­en aus dem Stadtbild, werden Opfer von Verdrängun­g und Hipstertum. Über dem Tresen der »Meuterei« tickt buchstäbli­ch die Uhr, bis zum Auslaufen des Mietvertra­gs. »Potse« und »Drugstore« – seit 46 Jahren Institutio­nen für alternativ­e Jugendlich­e – müssen Co-WorkingSpa­ces weichen. Investoren kaufen Hausprojek­te und dazugehöri­ge Läden und Bars. Jetzt sieht es so aus, als ob es ab dem nächsten Jahr auch das »Syndikat« in Neukölln nicht mehr gibt. Seit 33 Jahren eine fest etablierte Kiezkneipe und wichtiger Teil der linken Infrastruk­tur im mittlerwei­se von Hipstern und Touris überrannte­n Schillerki­ez.

Als linker Mensch kommt man angesichts dieser Verdrängun­g nicht umhin, sich zu fragen: Wo sollen wir noch hin? Wenn nach und nach alle Orte verschwind­en, an denen man mit halbwegs Gleichgesi­nnten zu erschwingl­ichen Preisen entspannt ein Bier trinken kann und Leute, die auf der Karte einen Gin-Basil-Smash suchen, von selbst wieder gehen? Wo kann man noch gute, handgemach­te Musik hören? Wo trifft man Menschen, für die Hedonismus nicht nur Instagram, sondern auch Aktivismus bedeutet?

Wohin sollen wir fliehen, wenn 20-jährige Touri-Kiddies es inzwischen en vogue finden, einstige Zeckenknei­pen wie den »Trinkteufe­l« oder das »Clash« regelrecht zu entern? Wo sollen wir uns verstecken vor dem »Vibe«, dem »Image« und dem »Hype«; der verdammten Gentrifizi­erung? Geht der Trend weiter, gibt es in Berlin bald viele heimatlose Linke.

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Maria Jordan über das Verschwind­en linker Infrastruk­tur Foto: nd/Ulli Winkler

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