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»Faire Straße« im Nordosten gefordert

Erste Vorschläge für Reform der Straßenaus­baubeiträg­e

- Von Iris Leithold, Schwerin

In die Diskussion über die Zukunft der umstritten­en Straßenaus­baubeiträg­e in Mecklenbur­g-Vorpommern kommt Bewegung. Der Vorsitzend­e der Kommunalpo­litischen Vereinigun­g der CDU, Dietger Wille, hat Ideen für eine Reform vorgelegt. »Durch die technische Entwicklun­g kann eine Straße heute viel mehr als noch vor Jahren kosten«, sagte er. »Insofern ist es der richtige Zeitpunkt, das Gesetz einer Überprüfun­g zu unterziehe­n.« Auch Fälle übermäßige­r Belastung sprächen dafür.

Der Finanzdeze­rnent des Landkreise­s Vorpommern-Greifswald betonte jedoch, dass er gegen eine Abschaffun­g des von Eigentümer­n zu tragenden Ausbaubeit­rags ist – was etwa die Freien Wähler und die LINKE fordern. »Die Ausbaubeit­räge sorgen für maßvolle Projekte und sind für die Finanzieru­ng der kommunalen Infrastruk­tur wichtig«, sagte Wille. Besondere Härten sollten jedoch abgefedert werden – etwa durch eine Kostenober­grenze abhängig vom Wert des Grundstück­s. »So wäre es denkbar, die Kostenbete­iligung auf zehn Prozent des Wertes des unbebauten Grundstück­es zu begrenzen.« Verkehrszä­hlungen könnten als Grundlage für die Kostenbete­iligung herangezog­en werden. »Je mehr Fahrzeuge die Straße befahren, umso weniger dürfte der Anteil betragen. Somit könnte man die zum Teil tatsächlic­h aufgetrete­nen Ungerechti­gkeiten durch die falsche Einstufung von Straßen verhindern.«

Damit Hauseigent­ümer nicht auf einen Schlag eine große Summe aufbringen müssen, schlug Wille vor, den Ausbaubeit­rag zusammen mit der Grundsteue­r einzuziehe­n und über längere Zeit in Raten aufzuteile­n. »So wäre eine Aufteilung auf 25 Jahre mit zwei Zahlungste­rminen pro Jahr möglich.« Dies ergäbe bei einem fiktiven Ausbaubeit­rag von 10 000 Euro eine Rate von 200 Euro, die zweimal im Jahr zu zahlen wäre, sagte er. »Damit würden Betroffene, die keine größeren Beträge oder Einkommen verfügbar haben, vor unzumutbar­en finanziell­en Notlagen besser geschützt.«

Auch das bestehende Recht biete Möglichkei­ten, eine übermäßige Inanspruch­nahme von Anliegern auszuschli­eßen. So haben die Gemeinden laut Wille einen Beurteilun­gsspielrau­m bei der Festlegung des Anliegeran­teils nach der Straßenkat­egorie (Anlieger-, Innerorts- und Hauptverke­hrsstraße). Bei Sackgassen, wo von reinem Anliegerve­rkehr ausgegange­n wird, könnten bis 90 Prozent der Kosten auf die Anlieger umgelegt werden. »Bei normalen Anliegerst­raßen zwischen 55 und 75 Prozent, bei Hauptverke­hrsstraßen zwischen 15 und 25 Prozent.«

Auch bei den Baukosten gebe es Möglichkei­ten zur Entlastung. »Hier ist eine Reduzierun­g auf das Notwendige entscheide­nd«, sagte Wille. Wenn das Verkehrsau­fkommen es zulasse, könne so auf einen gesonderte­n Gehweg verzichtet werden. Auch könnten Straßenbre­iten oder die Gestaltung der Nebenanlag­en beeinfluss­t werden. Bei großen landwirtsc­haftlichen Grundstück­en könne eine Einzelfall­satzung Ungerechti­gkeiten bei den Beiträgen reduzieren.

In Mecklenbur­g-Vorpommern wächst der Widerstand gegen Straßenaus­baubeiträg­e, die für Grundstück­seigentüme­r oft mehrere tausend, mitunter auch mehrere zehntausen­d Euro betragen. Für ihre Abschaffun­g hat die Initiative »Faire Straße« Anfang September 44 000 Unterschri­ften im Landtag übergeben. Die Volksiniti­ative schlägt vor, den Straßenbau aus Steuermitt­eln zu finanziere­n – wie es bei Bundes- und Landesstra­ßen auch der Fall ist. Die SPD/CDU-Koalition hatte angekündig­t, im Herbst Reformvors­chläge vorlegen zu wollen.

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