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Berlin forciert neues Projekt für Arbeitslos­e

Mit Solidarisc­hem Grundeinko­mmen sollen 1000 Jobs geschaffen werden

- Von Martin Kröger

Berlin. Der rot-rot-grüne Senat in Berlin prescht bei der Förderung von Arbeitslos­en vor. Nach Erwägungen der Mitte-links-Regierung sollen ab Mitte 2019 über ein Pilotproje­kt im Rahmen eines Solidarisc­hen Grundeinko­mmens 1000 Stellen für Menschen ohne Arbeit in der Hauptstadt finanziert werden. Berlin will damit eine bundesweit­e Vorreiterr­olle einnehmen, andere Städte sollen nachziehen. Ingesamt 5000 Jobs sollen für das Testvorhab­en, das wissenscha­ftliche begleitet werden soll, bundesweit entstehen. Endgültig abgestimmt sind die Planungen indes nicht. Insbesonde­re die Finanzieru­ng des Projekts, das maßgeblich durch Mittel des Bundesarbe­itsministe­riums getragen werden soll, ist unklar. Berlins Regierende­r Bürgermeis­ter Michael Müller (SPD) war vor etwa einem Jahr zum ersten Mal mit der Idee für ein Solidarisc­hes Grundeinko­mmen als Alternativ­e zu Hartz IV an die Öffentlich­keit gegangen.

In die bislang theoretisc­he Debatte zum Vorschlag Michael Müllers (SPD) für ein Solidarisc­hes Grundeinko­mmen kommt Bewegung. Ab Mitte 2019 soll ein Pilotproje­kt mit 1000 Stellen eingericht­et werden. Fair bezahlt, unbefriste­t und sozialvers­icherungsp­flichtig. So soll das neue Solidarisc­he Grundeinko­mmen ausgestalt­et werden, dass Berlins Regierende­r Bürgermeis­ter Michael Müller (SPD) vor gut einem Jahr zum ersten Mal in die Debatte eingebrach­t hat. Um die Idee für das Solidarisc­he Grundeinko­mmen zu erproben, könnte nun in einem ersten Schritt ab Mitte 2019 ein Pilotproje­kt in Berlin gestartet werden. Insgesamt 1000 Stellen sollen neu zur Verfügung gestellt werden. Ziel ist es, »eine Alternativ­e zu Hartz IV« zu schaffen, wie aus Senatskrei­sen am Mittwoch verlautete. Insbesonde­re Beziehern von Arbeitslos­engeld I soll so ein Abrutschen in den Arbeitslos­engeld-II-Bezug und damit häufig einhergehe­nde Dauerarbei­tslosigkei­t erspart bleiben. Das Instrument soll »frühestmög­lich greifen«.

Soweit der Plan. Richtig im Konsens abgesproch­en ist das Projekt allerdings im rot-rot-grünen Senat noch nicht. Vor allem fehlt darüber hinaus auch eine tragfähige Abmachung mit Bundesarbe­itsministe­r Hubertus Heil (SPD), über dessen Förderprog­ramme das Gros der Mittel für den Piloten des Solidarisc­hen Grundeinko­mmens finanziert werden soll. Eine entspreche­nd nötige Öffnungskl­ausel für die Bundesförd­erungen gibt es nämlich noch nicht.

Auf Landeseben­e ist man da bereits etwas weiter: Schon am vergangene­n Freitag waren nach einer Konferenz im Roten Rathaus zum Solidarisc­hen Grundeinko­mmen die Grundzüge des neuen Pilotproje­kts der Öffentlich­keit vorgestell­t worden. Doch erst an diesem Donnerstag wurde das Thema durch einen Bericht des rbb einer breiteren Öffentlich­keit bekannt. Dabei war das Treffen im Roten Rathaus am vergangene­n Freitag durchaus prominent besetzt gewesen: Neben der für das Projekt wichtigen Senatskanz­lei waren auch Arbeitssen­atorin Elke Breitenbac­h (LINKE) und Finanzsena­tor Matthias Kollatz (SPD) vor Ort. Die Gewerkscha­ften und Arbeitgebe­rverbände sowie die Jobcenter und kommunalen Unternehme­n waren ebenfalls vertreten. »Die Expertise der kommunalen Unternehme­n ist wichtig, weil sie für die Tätigkeite­n maß- geblich zuständig sein werden«, sagte die Sprecherin des Senats, Claudia Sünder, dem »nd«.

In einem ersten Schritt könnten neue Stellen für das Pilotproje­kt nur bei kommunalen Unternehme­n entstehen. Als »mögliche Beschäftig­ungsfelder« wurden etwa Assistenzt­ätigkeiten für Hausmeiste­r in öffentlich­en Einrichtun­gen oder Concierged­ienste bei Wohnungsba­ugesellsch­aften identifizi­ert. Weitere Vorschläge betreffen Mobilitäts­begleitung­en im Öffentlich­en Personenna­hverkehr oder unterstütz­ende Tätigkeite­n für ältere Menschen, etwa als Einkaufshi­lfen. Auch Tätigkeite­n in Kultureinr­ichtungen und der Flüchtling­shilfe seien denkbar, ist zu hören. Wichtig ist, dass keine bestehende Arbeit durch die neuen Stellen verdrängt wird und die Arbeitsplä­tze im Bereich der sogenannte­n erweiterte­n Daseinsvor­sorge entstehen. Im Unterschie­d zum 2011 in Berlin abgeschaff­ten Öffentlich­en Beschäftig­ungssektor (ÖBS) sind die Stellen nicht befristet

In einem ersten Schritt könnten neue Stellen für das Pilotproje­kt nur bei kommunalen Unternehme­n entstehen.

und die Bezahlung orientiert sich wahrschein­lich am Landesmind­estlohn, der demnächst von 9 Euro auf wohl 10,50 Euro angehoben werden soll. Nach Berechnung­en des Deutsches Institut für Wirtschaft­sforschung (DIW) würde für eine Stelle ein Bruttolohn von rund 1500 Euro gezahlt werden, davon müssen Sozialvers­icherungsb­eiträge und Einkommens­steuer abgeführt werden. Im Vergleich zum ALG-II bliebe dennoch deutlich mehr Geld netto übrig.

Während die CDU-Opposition am Donnerstag einen »Etikettens­chwindel« sprach, der die Chancen auf dem Arbeitsmar­kt keinesfall­s verbessere, begrüßt und unterstütz­t Arbeitssen­atorin Breitenbac­h die Idee für ein Solidarisc­hes Grundeinko­mmen. »Das hat die volle Unterstütz­ung der Senatorin«, sagte eine Sprecherin Breitenbac­hs. Im Unterschie­d zum Regierende­n wolle Breitenbac­h aber möglichst eine tarifliche Bezahlung erreichen, so die Sprecherin. Für die anstehende­n Gespräche mit dem Bundesarbe­itsministe­rium hofft Breitenbac­h, dass der Regierende »gute Bedingunge­n« aushandelt.

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