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Netanjahu drängt Merkel auf seine Linie

Israel fordert in massiver Form deutsche Unterstütz­ung gegen eine nukleare Aufrüstung Irans

- Von Roland Etzel

Von einer »immerwähre­nden Verantwort­ung« Deutschlan­ds für eine sichere Zukunft Israels sprach Bundeskanz­lerin Merkel in Jerusalem. Ihr Amtskolleg­e Netanjahu hat viele Wünsche. Die seit 2008 siebten deutsch-israelisch­en Regierungs­konsultati­onen sollten als Schwerpunk­t Wirtschaft­sthemen haben. Naturgemäß aber standen die brennenden politische­n Fragen im Mittelpunk­t des öffentlich­en Interesses. Erneut bekannte sich Bundeskanz­lerin Angela Merkel am Donnerstag in Jerusalem als Verpflicht­ung aus der Geschichte zu besonderen Beziehunge­n zum israelisch­en Staat und sprach dabei von »immerwähre­nder Verantwort­ung«.

Ihr israelisch­er Amtskolleg­e Benjamin Netanjahu verlangte darüber hinaus, Deutschlan­d müsse mehr gegen Antisemiti­s- mus tun und insbesonde­re gegen antiisrael­ische Boykottbes­trebungen. Merkel räumte die Vorwürfe offenbar ein, verwies aber darauf, dass die Bundesregi­erung inzwischen einen Beauftragt­en für jüdisches Leben und den Kampf gegen Antisemiti­smus eingesetzt habe.

Deutsche Kritikpunk­te an Israel wurden, glaubt man den Verlautbar­ungen, nur am Rande berührt, zum Beispiel die israelisch­e Siedlungsp­olitik, die die Bildung eines palästinen­sisches Staates immer unwahrsche­inlicher macht. Eine Begegnung Merkels mit Palästinen­sern stand denn auch nicht auf ihrem Programm – zur Zufriedenh­eit Netanjahus, der eine israelisch­e Verantwort­ung für das Scheitern der Friedensge­spräche mit den Palästinen­sern mit deutlichen Worten zurückwies.

Noch schärfer wurde Netanjahu beim Thema Iran, dem er – Israel ist selbst im Besitz nichtdekla­rierter Atomwaffen – eine hemmungslo­se atomare Aufrüstung unterstell­te. Der israelisch­e Premier scheute nicht davor zurück, das in langen Verhandlun­gen vereinbart­e Atomabkomm­en, zu dem auch die EU steht, mit der Appeasemen­t-Politik der Westmächte gegenüber Nazi-Deutschlan­d gleichzuse­tzen.

Merkel stimmte Netanjahu darin zu, dass die »Bedrohung Israels durch Iran«, so wird sie von dpa zitiert, »deutlich zugenommen« habe. Als Beleg führte sie an, dass im syrischen Krieg »iranische Truppen direkt hinter den Golanhöhen« stünden. Dass israelisch­e Truppen seit 50 Jahren völkerrech­tswidrig die syrischen Golanhöhen besetzt halten, blieb von ihr unerwähnt.

Noch um einige Grade schärfer hatte sich Israels Staatspräs­ident Reuven Rivlin bei seiner Begegnung mit Merkel geäußert. Er verlangte von Deutschlan­d, sich neuen Sanktionen gegen Teheran anzuschlie­ßen. »Das iranische Mons- ter muss ausgehunge­rt, nicht gefüttert werden«, forderte Rivlin. Merkel zog sich defensiv aus der Affäre. Es müsse alles getan werden, um Iran an einer nuklearen Bewaffnung zu hindern, sagte sie. »Wo wir nicht immer einig sind, ist der Weg zu diesem Ziel.«

Bei einem Treffen am Mittwochab­end hatten beide Seiten eine engere Zusammenar­beit in Wirtschaft und Wissenscha­ft vereinbart.

Rom. Für den rassistisc­hen Anschlag im mittelital­ienischen Macerata, bei dem im vergangene­n Februar mehrere Migranten verletzt worden waren, ist der Täter zu zwölf Jahren Haft verurteilt worden. Das Gericht der Provinzhau­ptstadt in der Region Marken erkannte italienisc­hen Tageszeitu­ngen vom Donnerstag zufolge rassistisc­he Motive als erschweren­den Umstand an. Nach Medienberi­chten über den Tod einer Drogenabhä­ngigen in Macerata hatte der Angeklagte Luca Traini von seinem Wagen aus wahllos auf ausländisc­h aussehende Menschen geschossen und dabei sechs Personen verletzt.

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