nd.DerTag

Marktkonfo­rmer Populismus

Kurt Stenger über das Hin und Her beim italienisc­hen Staatshaus­halt

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Ja was denn nun: Will die neue rechts-/linkspopul­istische Koalition in Italien nun der EU den Kampf ansagen, sich mit Brüssel arrangiere­n oder einfach nur tun, was ihr gerade so beliebt? Dies alles kann man aus den Äußerungen irgendwie relevanter Regierungs­politiker herauslese­n, die sich in den vergangene­n Tagen zu den Etatplänen für die kommenden Jahre äußerten und mit unterschie­dlichen Zahlenspie­len aufwartete­n.

Gewiss, die EU-Defizitvor­gaben können kontraprod­uktiv für die soziale und wirtschaft­liche Entwicklun­g sein. Gerade deshalb braucht es eine schlüssige wirtschaft­spolitisch­e Gegenstrat­egie. In Rom freilich gibt es ein bisschen Keynes, ein bisschen neoliberal­e Steuersenk­ungspoliti­k, ein bisschen Klientelis­mus. Aber das ist das Grundprobl­em der Populisten, dass es um verbales Getöse geht statt um die oft recht komplexe Sache. Doch auch Italiens Regierung wird sagen müssen, wie sie den gewaltigen Schuldenbe­rg abzubauen gedenkt. Von dem schon mal ins Spiel gebrachten Schuldensc­hnitt ist aber keine Rede mehr – die vergangene­n Tage haben gezeigt, dass man diesen mit hohen Zinsaufsch­lägen auf Staatsanle­ihen sehr teuer bezahlen müsste. Und so übt man sich in Rom zunehmend in Kompromiss­suche. Angela Merkel sprach einst von »marktkonfo­rmer Demokratie«. Italien entwickelt eine neue Spielart: den marktkonfo­rmen Populismus.

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