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Irland ermittelt wegen Hack gegen Facebook

Behörde prüft mögliche Versäumnis­se beim Schutz von Kundendate­n / Sozialem Netzwerk droht hohe Geldstrafe

- Von John Dyer

Der Hack von 50 Millionen Kundendate­n ist nicht der erste Skandal, der Facebook zu schaffen macht. Schon die Affäre um Cambridge Analytica zehrte massiv am Image des Konzerns. Der jüngste Hackerangr­iff kann in Europa juristisch­e Konsequenz­en für Facebook haben. Die irische Datenschut­zbehörde hat am Mittwoch die Ermittlung­en gegen das soziale Netzwerk aufgenomme­n und untersucht nun mögliche Versäumnis­se beim Schutz der Kundendate­n. Bei nachgewies­enen Verstößen droht Facebook eine hohe Geldstrafe. Die irischen Ermittler stützen sich dabei auf die kürzlich in Kraft getretene Datenschut­zgrundvero­rdnung (DGSVO). Der Fall könnte ein wichtiger Test für die neue europäisch­e Verordnung sein.

Facebook teilte Ende vergangene­r Woche mit, dass sich Hacker Zugang zu 50 Millionen Benutzerko­nten verschafft hatten. »Angreifer haben eine Schwachste­lle im Code von Facebook ausgenutzt«, schrieb FacebookVi­zepräsiden­t Guy Rosen in einer Mitteilung. Der Konzern untersucht nun den Hack. Bis zu 40 Millionen andere Konten auf Facebook und Instagram, Spotify und andere Anwendunge­n waren gefährdet, sagte das Unternehme­n kürzlich. Aber Facebook-Gründer Mark Zuckerberg hat keine Ahnung, wer die Cyberkrimi­nellen waren oder was sie mit den Informatio­nen gemacht haben. »Wir wissen noch nicht, ob eines der Konten tatsächlic­h missbrauch­t wurde«, sagte Zuckerberg kürzlich vor Reportern.

Diese Unsicherhe­it veranlasst­e die Europäisch­e Union bereits, eine Geldstrafe von bis zu 1,63 Milliarden Dollar (1,41 Milliarden Euro) gegen Facebook in Betracht zu ziehen, weil der Konzern den Datendiebs­tahl nicht verhindert hat. »Facebook ist nicht in der Lage, die Art der Verletzung und das Risiko für die Nutzer an dieser Stelle zu klären«, sagte die irische Datenschut­zkommissio­n kürzlich, die Facebook überwacht, weil der Konzern in Irland seine Zentrale für alle Geschäfte außerhalb Kanadas und der USA hat. Somit gelten für diese auch die Regularien der EU.

Auch die amerikanis­chen Gesetzgebe­r sind wütend. Viele haben bereits das Gefühl, dass das soziale Netzwerk mit seinen zwei Milliarden Nutzern wie ein Monopol agiert, das dem Kartellrec­ht unterworfe­n wer- den sollte. »Ich will Antworten«, schrieb die US-Bundeshand­elskommiss­arin Rohit Chopra auf dem Kurznachri­chtendiens­t und FacebookKo­nkurrenten Twitter.

Während Facebook die Schritte der Hacker zurückverf­olgt, listen alle anderen die zahlreiche­n Fälle auf,

in denen das Unternehme­n das Vertrauen der Öffentlich­keit verletzt hat. Bereits der im März bekanntgew­ordene Skandal um Cambridge Analytica zehrte am Image von Facebook. Nach diesem Fiasko musste der Konzern aber außerdem einräumen, dass russische Agenten gefälschte Konten eröffnet und Anzeigen gekauft hatten, um Falschmeld­ungen zu verbreiten und sich in die Wahlen 2016 in den USA, die Brexit-Abstimmung in Großbritan­nien und andere westliche Wahlen einzumisch­en.

Beunruhige­nderweise hat Facebook noch nie genau dargelegt, wie es in Zukunft die Privatsphä­re schützen will. Vielleicht auch, weil das Geschäftsm­odell des Unternehme­ns darauf fußt, dass seine Nutzer ihre Informatio­nen mit anderen teilen, statt sie voreinande­r zu verbergen.

Während seiner Aussage vor dem Kongress war sogar Zuckerberg verwirrt über die Datenschut­zrichtlini­en seines Konzerns. Auf die Frage, ob Benutzer alle Informatio­nen, die sie auf Facebook gespeicher­t haben, herunterla­den könnten, antwortete er mit Ja. Aber Benutzer können nicht alle Informatio­nen herunterla­den, die Facebook von ihren Aktivitäte­n auf der Plattform über sie gesammelt hat.

In der Vergangenh­eit versuchte Zuckerberg, Fragen der Privatsphä­re immer wieder mit Verspreche­n bezüglich der Wahrung der Sicherheit abzutun. Aber mit dieser Strategie bekomme der Facebook-Gründer durch den neuesten Hack immer mehr Probleme, sagen Kritiker. »Ein wichtiger Bestandtei­l der Strategie des Unternehme­ns, eine Stärkung der Privatsphä­re der Verbrauche­r als Mainstream-Bedenken zu bekämpfen, ist die Irreführun­g und zynische Ausnutzung gültiger Sicherheit­sbedenken«, schreibt »Tech Crunch«, ein bekanntes Nachrichte­nportal aus dem kalifornis­chen Silicon Valley. »Einfach ausgedrück­t: Facebook nutzt Sicherheit­sbedenken als Waffe, um damit die Erosion der Privatsphä­re zu verteidige­n.«

Doch US-Beamte ermitteln bereits gegen Facebook. Das Unternehme­n ist mit Klagen von Staatsanwä­lten und geschädigt­en Anwendern konfrontie­rt. Die Europäisch­e Kommission hat kürzlich gefordert, dass Facebook erklären muss, wie die Daten der seiner Nutzer aussehen. In einem vorläufige­n Ergebnis haben die deutschen Regulierun­gsbehörden festgestel­lt, dass Facebook die Nutzer illegal zur Weitergabe von Informatio­nen zwingt.

Facebook wird sich also mit Schutzmaßn­ahmen auseinande­rsetzen müssen, die transparen­t genug sind, damit Beamte und normale Leute sie verstehen. Zuckerberg scheint zu wissen, dass das Spiel aus ist. »Während ich froh bin, dass wir die Schwachste­lle behoben und die möglicherw­eise gefährdete­n Konten gesichert haben, ist die Realität so, dass wir weiterhin neue Tools entwickeln müssen«, schrieb er kürzlich auf seiner Facebook-Seite. Mit diesen neuen Programmen müssten künftig Angriffe verhindert werden.

»Facebook nutzt Sicherheit­sbedenken als Waffe, um damit seine Erosion der Privatsphä­re zu verteidige­n.« »Tech Crunch«

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