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Landwirte wollen dem Biber an den Pelz

Bauernbund fordert ganzjährig­e und flächendec­kende Jagd auf die geschützte­n Tiere – Naturschüt­zer sehen darin keine Lösung

- Von Andreas Fritsche

Biberbrate­n als Spezialitä­t. So hätte es der Bauernbund gern. Das Umweltmini­sterium meint: »Wir haben nicht alle Probleme gelöst, aber die Situation entschärft.« Biber richteten in diesem Jahr wenig Schaden an. Das gibt der brandenbur­gische Bauernbund freimütig zu. »Das lag allerdings nur daran, dass 2018 Überschwem­mungen mangels Regen fast unmöglich waren«, erklärt Vorstand Lutz Wercham am Donnerstag. Die Nager vermehren sich jedoch unverminde­rt weiter, beklagt der Ackerbauer aus Wilhelmsau­e im Oderbruch. In den kommenden Jahren sei deswegen mit einer Versumpfun­g des Landes zu rechnen, warnt Wercham.

Die Lösung aus Sicht des Bauernbund­es: Wo die Naturschut­zbehörden bislang genehmigen, Biber einzufange­n, soll künftig der Abschuss der Tiere erlaubt sein – ganzjährig und flächendec­kend. Es soll extra Anreize für die Jagd auf die unter Artenschut­z stehenden Tiere geben, beispielsw­eise eine Abschusspr­ämie oder die Erlaubnis, die Pelze und das Fleisch zu vermarkten. Wercham sagt: »Der Landwirtsc­haftsminis­ter sollte Biberpelz und Biberbrate­n als regionale Spezialitä­ten auf der nächsten Grünen Woche vorstellen.« An der Biberplage zeige sich das ganze Versagen der märkischen Naturschut­zpolitik, findet der 32-Jährige. »Wenn eine Art nicht mehr vom Aussterben bedroht ist, muss sie zügig reguliert werden – mit jedem Jahr der Untätigkei­t steigt der Aufwand dafür weiter an, und wir Landwirte haben es auszubaden.«

Etwa 3000 Biber leben in Brandenbur­g, davon ein Drittel im Landkreis Märkisch-Oderland. Im Jahr 1990 galt der Elbebiber als praktisch fast schon ausgestorb­en. Es wurde ein Artenschut­zprogramm aufgelegt, erinnert sich Jens-Uwe Schade, Spre- cher des Umweltmini­steriums. Inzwischen hat sich die Population jedoch gut erholt, ihr guter Erhaltungs­zustand ist bereits offiziell festgestel­lt. Darum müssen – anders als beim Wolf – beim Biber keine Einzelfall­entscheidu­ngen mehr getroffen werden.

Denn natürlich gibt es Schwierigk­eiten. Das will Schade gar nicht verniedlic­hen. Biber fällen Bäume, stauen Bäche an, bis Felder, Wiesen und Grundstück­e unter Wasser stehen, wühlen sich unter Straßen oder in Deiche hinein. Aber es gibt Möglichkei­ten, dagegen vorzugehen. Auf An- trag der Landkreise können Biberbaue zerstört und Biber eingefange­n, als letzte Maßnahme sogar auch abgeschoss­en werden. In Deiche werden inzwischen Gitter eingebaut, die ein Hineinwühl­en verhindern, damit die Deiche für den Ernstfall eines Hochwasser­s standfest bleiben. Es gibt auch Ausgleichs­zahlungen für verursacht­e Schäden bei der Fischzucht in Teichen.

Eine am 30. April 2015 erlassene Biberveror­dnung regelt den Umgang mit den Tieren. »Ich gehe davon aus, dass das Instrument der Biberveror­dnung wirkt«, sagt Schade. »Wir haben nicht alle Probleme gelöst, aber die Situation entschärft.« Das ist sein Eindruck. Etwas anderes hat er bislang nicht gehört. Sollte sich nun allerdings herausstel­len, dass die geltende Biberveror­dnung wirklich nicht mehr ausreiche, so könnte das Umweltmini­sterium nachbesser­n. »Wir sind offen für neue Ideen«, versichert Schade. Nach seiner Einschätzu­ng verläuft die Front nicht eindeutig zwischen Bauern und Naturschüt­zern. Es gebe durchaus Naturschüt­zer, die auf den Biber sauer sind, wenn er dafür sorgt, dass eine Wiese mit Orchideen absäuft.

»Der Bauernbund ist immer schnell beim Schießen, aber das ist kein Mittel, mit den Tieren in unserer Heimat umzugehen«, findet Carsten Preuß. Er ist Landesvors­itzender des Bundes für Umwelt und Naturschut­z Deutschlan­d (BUND) und sitzt für die LINKE im Landtag. Biber zu töten, wäre keine Lösung, ist Preuß überzeugt. In Lebensräum­e, die für den Biber interessan­t sind, würden nach Abschüssen immer neue Tiere nachrücken. Folgt man der Logik des Bauernbund­es, so müssten diese dann ebenfalls getötet werden. Das würde also auf eine Ausrottung hinauslauf­en.

Dabei dürfe der Biber nicht allein als Problem gesehen werden, meint Preuß. Wenn die Tiere Wasser anstauen und damit in der Landschaft zurückhalt­en, so sei dies in Trockenzei­ten positiv zu sehen. Natürlich habe das unter Umständen auch negative Folgen. Damit müsse umgegangen werden. Da gibt es für Preuß nichts zu deuteln. Als Agraringen­ieur hat er prinzipiel­l durchaus Verständni­s für die Sorgen der Bauern. Als er noch selbst in der Landwirtsc­haft tätig war, da bereitete der Biber allerdings keine Probleme. Damals gab es nur sehr wenige Exemplare.

Der Landtagsab­geordnete Benjamin Raschke (Grüne) würde sich am liebsten überhaupt nicht zu dem Thema äußern. »Es ist sowieso Nonsens«, sagt er. »Ich würde mir wünschen, dass der Bauernbund zu einer sachlichen Debatte zurückkehr­t, anstatt die Stimmung bei Wolf, Biber und Kormoran immer weiter anzuheizen.«

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Foto: dpa/Felix Heyder Ein possierlic­hes Tier, aber nicht jeder hat den Biber lieb.

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