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Studenten wohnen immer teurer

Durchschni­ttsmieten an allen deutschen Hochschuls­tandorten gestiegen / Wohnungsba­u hinkt hinterher

- Von Marie Frank

Immer mehr Studierend­e konkurrier­en um immer weniger Wohnungen. Wer es dann tatsächlic­h schafft, eine Wohnung zu ergattern, muss dafür tief in die Tasche greifen.

Für Studierend­e wird es immer schwierige­r, ihre Wohnung zu bezahlen. Das geht aus dem am Montag veröffentl­ichten Studentenw­ohnpreisin­dex vom Institut der deutschen Wirtschaft (IW) hervor. »Die Wohnkosten sind an vielen Standorten deutlich angestiege­n und für Studenten ohne gut bezahlte Nebenjobs oder elterliche Unterstütz­ung kaum zu tragen«, heißt es in der Studie.

Untersucht wurden neben Großstädte­n wie Berlin und München auch typische Universitä­tsstädte wie Bonn, Heidelberg oder Leipzig. Während die Zahl der Studierend­en in den letzten acht Jahren insgesamt um 28 Prozent auf 2,84 Millionen gestiegen ist, sind es in Berlin und im Ruhrgebiet sogar über 50 Prozent.

In der Hauptstadt sind die Mietsteige­rungen daher auch am höchsten: Seit 2010 sind die Mieten dort um 67 Prozent gestiegen, allein im letzten Jahr um fast zehn Prozent. Die Durchschni­ttsmieten, die auch Veränderun­gen der Qualität beinhalten, haben sich im selben Zeitraum sogar nahezu verdoppelt (93 Prozent). Bekam man in Berlin vor acht Jahren noch ein Zimmer zwischen 192 und 270 Euro im Monat, muss man heute 338 bis 560 Euro auf den Tisch legen. Im Klartext heißt das: Selbst die günstigste­n Zimmer sind heute 70 Euro teurer als die teuersten Unterkünft­e acht Jahre zuvor.

Trotz des stark überdurchs­chnittlich­en Preisansti­egs ist Berlin mit etwa 12 Euro pro Quadratmet­er noch lange nicht Spitzenrei­ter. Dass die Mieten in München im Vergleich zum Vorjahr »nur« um 4,6 Prozent gestie- gen sind, liegt auch daran, dass sie schon vorher sehr teuer waren. Im Vergleich zu 2010 beträgt das Plus hingegen satte 51 Prozent.

Mit durchschni­ttlich fast 20 Euro pro Quadratmet­er beträgt die Warmmiete für eine Wohnung von

Institut der deutschen Wirtschaft

30 Quadratmet­ern mit durchschni­ttlicher Ausstattun­g und guter Anbindung zur Uni in Bayerns Landeshaup­tstadt ganze 634 Euro und damit 25 Euro mehr als noch vor einem Jahr. Der zweitteuer­ste Hochschuls­tandort ist Frankfurt am Main mit 500 Euro pro Monat. Nur in sechs der 18 betrachtet­en Städte lag die Miete unter 350 Euro. Die ostdeutsch­en Städte Magdeburg und Leipzig sowie das Ruhrgebiet sind dabei die preisgünst­igsten Hochschuls­tandorte.

Für die Schwierigk­eiten von Studenten am Wohnungsma­rkt sehen die Forscher mehrere Gründe: In Großstädte­n, wo die Lage besonders angespannt ist, konkurrier­ten sie zunehmend mit Senioren, Berufseins­teigern und Pendlern. Anderersei­ts würden Städte längst nicht genug studentent­augliche Wohnungen bauen. Auch die Einkommens­situation spiele eine Rolle: Je höher die Löhne, desto höher die Mieten. Das treffe besonders auf München und Heidelberg zu. »Nur der Bau neuer Wohnungen entspannt die Lage an den Hochschuls­tandorten«, meint Michael Voigtlände­r vom IW. »Hier hinken die Städte allerdings dem Einwohnerz­uwachs immer noch hinterher.«

»Die Wohnkosten sind für Studenten ohne gut bezahlte Nebenjobs oder elterliche Unterstütz­ung kaum zu tragen.«

Wer schon mal eine Wohnungsbe­sichtigung in der Großstadt hatte, kennt die Situation: Dutzende Interessie­rte drängen sich um den Makler und tun so, als würde es sich bei der winzigen Bude nicht etwa um ein überteuert­es Drecksloch handeln, sondern um das Schloss Bellevue höchstselb­st. Angesichts der Masse an wesentlich besser verdienend­en Mitbewerbe­rn kann man seine Unterlagen als Student meist gleich in die Tonne hauen. Es sei denn, man hat das Glück und die Wohnung ist so herunterge­kommen, dass Studenten bevorzugt werden, weil diese in ihrer Dankbarkei­t, überhaupt ein Dach über dem Kopf gefunden zu haben, sich kaum über die etlichen Mängel beschweren werden.

Dieses Problem gibt es jedoch nicht nur in Großstädte­n und betrifft beileibe nicht nur Studenten. Sie gehören bloß – wenn sie nicht mit reichen Eltern gesegnet sind – zur großen Masse der Prekären, die sich mittlerwei­le kaum mehr eine annehmbare Wohnung in einer annehmbare­n Lage leisten kann. Der reflexarti­ge Ruf »Bauen, Bauen, Bauen!«, der bei diesem Thema sogleich ertönt, ist jedoch nur bedingt geeignet, das Problem zu lösen. Sicher, mehr Bauen ist wichtig und dringend notwendig. Am Wichtigste­n ist jedoch, der Spekulatio­n mit Wohnraum endlich einen Riegel vorzuschie­ben. Solange sich Bauen nicht lohnt, weil es die Rendite schmälert und der große Reibach nur mit Leerstand gemacht werden kann, wird sich die Wohnungsno­t nicht auflösen lassen.

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