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Alles grundsolid­e

Deutscher Comedyprei­s

- Von Jonas-Erik Schmidt

Carolin Kebekus wirkt wirklich überrascht – und das ist eigentlich die größte Überraschu­ng. »Das ist jetzt total bescheuert, ne? Weil ich das Ding hier moderiere«, stellt die Komikerin fest. Sie hat gerade den Deutschen Comedyprei­s in der Kategorie »Bestes TV-Soloprogra­mm« bekommen (»Carolin Kebekus live! – AlphaPussy«, RTL) – und ist nebenbei auch noch Moderatori­n der zugehörige­n Gala am Sonntagabe­nd in Köln. Dass sie wenig später – und wie schon 2017, 2016, 2015, 2014 und 2013 – auch als »Beste Komikerin« ausgezeich­net wird, weiß sie zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Als es passiert, wirkt die 38-Jährige allerdings auch schon weniger überrascht. Der Abend ist die Essenz der vergangene­n Jahre.

Der Deutsche Comedyprei­s steht seit Jahren nicht gerade im Ruf, mit Neuem zu überforder­n. Gewinner, Moderatore­n, Juroren – oft sind es dieselben Protagonis­ten, die in wechselnde­n Rollen auf der Bühne stehen. Und ganz oft ist es Carolin Kebekus, an der in der Branche kein Weg vorbeizuge­hen scheint. Mittlerwei­le ist schon das Stadium erreicht, in dem das selbst zum Witz taugt. »Comedy ist wirklich eine solide Branche, oder? Ohne viel Fluktuatio­n«, sagt Kebekus in ihrer Moderation. Woanders gehe das viel flotter. »So als Verfassung­sschutzprä­sident: Kaum haste mal sechs Jahre Scheiße gebaut: Zack, biste weg!«

Zur Wahrheit gehört allerdings auch, dass man genau hinschauen sollte. Ein paar Entwicklun­gen – zumindest in Ansätzen – lassen sich dann nämlich doch erkennen. Zum einen die, dass sich Luke Mockridge (29) langsam an den Kebekus’schen Thron heranpirsc­ht. Wie schon im vergangene­n Jahr kann er in mehreren Kategorien gewinnen, diesmal als »Erfolgreic­hster Live-Act« und auch – mit seiner Sendung »Luke! Die Woche und ich« (Sat.1) – in der Sparte »Beste Comedy-Show«. Dort landet er sogar vor Kebekus mit ihrem »PussyTerro­r TV« (ARD/WDR).

Eine weitere Beobachtun­g: Satire ist zur Domäne der Öffentlich-Rechtliche­n geworden, die in der Kategorie alle Nominierte­n stellen. Etwas überrasche­nd setzt sich dort am Ende »Mann, Sieber!« (ZDF) gegen bekannte Hochkaräte­r wie die »heuteshow« (ZDF), »Neo Magazin Royale« (ZDF/ZDFneo) und »Die Anstalt« (ZDF) durch.

Die weiteren Sieger im Schnelldur­chlauf: »jerks.« (ProSieben/maxdome, »Beste Comedyseri­e«), »Sketch History« (ZDF, »Beste Parodie/Sketch-Show«), »Das Institut – Oase des Scheiterns« (BR, NDR, WDR, PULS und ARD-alpha, »Beste Innovation«), Felix Lobrecht (»Bester Newcomer«). Den Sonderprei­s bekommt in diesem Jahr die Oberhausen­er Kabarettis­tin Gerburg Jahnke (»Ladies Night«).

In der Kategorie »Beste Sitcom« werden erstmals gleich zwei Preise verliehen – an »Jennifer – Sehnsucht nach was Besseres« (NDR) und »Beste Schwestern« (RTL). Die Doppelverg­abe hängt mit der Konstellat­ion in der Jury zusammen, die die Auszeichnu­ngen vergibt. Beide Serien bekamen die gleiche Zahl an Stimmen. Die dann eigentlich entscheide­nde Stimme der Jurypräsid­entin konnte aber nicht herangezog­en werden – da diese Mirja Boes heißt und selbst bei »Beste Schwestern« mitspielt.

Letzte Beobachtun­g: Erstmals wird die Preisverle­ihung von RTL live übertragen. Das führt zu etwas Hektik gegen Ende, da man bereits am Überziehen ist. Zugleich muss aber auch ein Mittel gefunden werden, um zu lang geratene Dankesrede­n radikal zu beenden. Das übernimmt eine mexikanisc­he Mariachi-Band, die aus dem Nichts auf der Bühne auftaucht und laut losspielt. Das ist dann wirklich überrasche­nd.

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