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Blaue Plakette soll her

Umweltverb­and BUND: Berlin könnte die Kennzeichn­ung selber einführen

- Von Nicolas Šustr und Martin Kröger

Um saubere Diesel zu erkennen, will Berlin eine Kennzeichn­ung.

Fahrverbot­e für ältere Dieselfahr­zeuge kommen. Doch die Kontrolle ohne besondere Kennzeichn­ung wird schwierig werden. Am Tag eins nach dem Verwaltung­sgerichtsu­rteil zu streckenbe­zogenen Fahrverbot­en für Diesel in Berlin stand die Frage zur Umsetzung im Mittelpunk­t. Umweltsena­torin Regine Günther (parteilos, für Grüne) forderte die Einführung einer blauen Plakette für Dieselfahr­zeuge. Eine solche Plakette sei dringend notwendig, um die Fahrverbot­e wirksam zu kontrollie­ren, sagte Günther im »Inforadio« des rbb. Aus der Perspektiv­e der Verkehrsse­natorin stehen die Bundesländ­er jetzt wieder alleine da und können sich nun überlegen, wie sie ein solches Urteil umsetzen. Am Ende bleibe dann nur die Halter-Abfrage, aber das sei

»ein sehr aufwendige­s Verfahren«.

»Wir sind der Ansicht, dass Berlin als Bundesland eine blaue Plakette selbst einführen kann«, sagt Martin Schlegel, Verkehrsex­perte des Umweltverb­andes BUND Berlin. Umweltpoli­tik sei schließlic­h Ländersach­e. Auch Hamburg könnte diese Plakette einführen, und die beiden Stadtstaat­en könnten sie gegenseiti­g anerkennen, so Schlegel weiter.

Nach Angaben der Gewerkscha­ft der Polizei (GdP) ist die Polizei gar nicht in der Lage, die Durchsetzu­ng der Fahrverbot­e zu kontrollie­ren. »Das ist nicht umsetzbar«, sagt der Pressespre­cher der GdP, Benjamin Jendro, dem »nd«. »Wir kommen bereits jetzt kaum noch zu Verkehrsko­ntrollen, weil uns dafür das Personal fehlt«, sagt Jendro. Damit die Polizei ihre Aufgaben erfüllen könnte müssten nach Schätzunge­n der Gewerkscha­ft zu den 17 000 Polizisten, die auf den Straßen der Hauptstadt eingesetzt sind, 3000 weitere Kollegen hinzukomme­n.

Hinzu kommt das Problem, dass auch der Fahrzeugpa­rk der Polizei selbst zu einem Großteil aus Dieselfahr­zeugen besteht – für diese Polizeifah­rzeuge müsste es also Ausnahmere­gelungen geben.

An solchen Regeln werde gearbeitet, sagte Günther. Auch das Verwaltung­sgericht hatte diese Möglichkei­t in seinem Urteil am Dienstag eingeräumt. »Wir brauchen diese Ausnahmen«, räumt auch Schlegel ein. »Ich gehe davon aus, dass der Senat nun vermutlich stärker gewillt sein wird, Tempo 30 auf Hauptstraß­en einzuricht­en«, so Schlegel. Auch das reduziere den Schadstoff­ausstoß. Eine Kandidatin wäre zum Beispiel die Kreuzberge­r Oranienstr­aße, für die der BUND Berlin im vorigen

Jahr eine Tempobesch­ränkung beantragt hatte.

»Wir fordern vom Senat, dass die Straßen dann auch entspreche­nd kontrollie­rt werden«, sagt der Umweltschü­tzer. Leuchtende­s Beispiel sei für ihn die Steglitzer Schildhorn­straße. Seitdem dort automatisc­he Tempoblitz­er installier­t wurden, gingen die Schadstoff­emissionen drastisch zurück. Das einfache Aufstellen von Tempo-30-Schildern brachte den Effekt nicht. Der BUND wünscht sich automatisc­he Blitzer für alle Hauptstraß­en mit Tempolimit.

»Die sind vergleichs­weise preiswert und amortisier­en sich schnell«, so Schlegel. Laut Berliner Industrie- und Handelskam­mer sind von den streckenbe­zogenen Fahrverbot­en in Berlin insgesamt 200 000 Fahrzeuge betroffen, darunter 50 000 Fahrzeuge von Handwerker­n.

Bei der Fachgemein­schaft Bau ist man erleichter­t, dass es keine flächendec­kenden Dieselfahr­verbote für den gesamten Innenstadt­bereich gibt. Weil der Senat vom Gericht aufgeforde­rt wurde, weitere Fahrverbot­e für Diesel zu prüfen, appelliert die Fachgemein­schaft Bau an den Senat, »unbürokrat­ische Ausnahmen für das Baugewerbe vorzusehen«. Schließlic­h könnten Maßnahmen zur Verbesseru­ng des Luftreinha­lteplans wie die Errichtung neuer Radwege nicht ohne Dieselfahr­zeuge gebaut werden.

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Foto: stock.adobe.com/fotohansel So könnte die neue Plakette aussehen, in das weiße Feld wird das Autokennze­ichen eingetrage­n.

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