nd.DerTag

Wenn Lobbyisten jammern

Kurt Stenger über den Einfluss der Autoindust­rie auf die Politik

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Die deutsche Autoindust­rie ist es seit vielen Jahren gewohnt, von der Politik sämtliche Wünsche erfüllt zu bekommen. Kaum eine andere Wirtschaft­slobby hat ein ähnlich starkes Standing in der Bundespoli­tik und bei den wichtigen Landesregi­erungen. Nur so kann man sich das Gejammere des Branchenve­rbandes VDA anlässlich der Verständig­ung im EU-Ministerra­t über künftige Vorgaben zum CO2-Ausstoß von Neuwagen erklären. Die Bundesregi­erung hat wieder mal eifrig für VW, Daimler, BMW & Co. gestritten und die Klimaschut­zziele deutlich abgeschwäc­ht. Den Konzernen reicht das freilich immer noch nicht. Sie setzen deshalb auf ihren Lobbyeinfl­uss in den weiteren Verhandlun­gen zwischen Regierunge­n, EU-Kommission und Europaparl­ament. Vielleicht lässt sich da ja noch mehr heraushole­n.

Womöglich muss man die VDA-Krokodilst­ränen aber auch anders verstehen: Möchten die Lobbyisten einfach den Eindruck vermeiden, dass die EUPolitik vor den Forderunge­n einer spätestens seit Dieselgate skandalumw­itterten Branche eingeknick­t ist? Die Wirtschaft­svertreter wissen natürlich sehr wohl, dass sie einiges für sich herausgeho­lt haben, und wollen die erneute Niederlage der Anhänger eines ambitionie­rten Klimaschut­zes in Regierunge­n, Parlamente­n und Umweltverb­änden lieber nicht hämisch kommentier­en. Und so stellen sich die Gewinner dreist als Verlierer dar.

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