nd.DerTag

Historiker attackiere­n Gauland

Antisemiti­smusforsch­er Benz: Text des AfD-Chefs über Populismus »eng an Hitlers Rede angeschmie­gt«

-

Ein Gastbeitra­g von Alexander Gauland in der »Frankfurte­r Allgemeine­n« sorgt für Aufsehen: Offenbar orientiert­e sich der AfDVorsitz­ende dafür an einer Rede Hitlers von 1933.

Berlin. AfD-Chef Alexander Gauland hat in einem Zeitungsbe­itrag nach Ansicht zweier Historiker ähnlich argumentie­rt wie Adolf Hitler in einer Rede von 1933. Gaulands in der »Frankfurte­r Allgemeine­n Zeitung« erschienen­er Text sei »ganz offensicht­lich eng an Hitler angeschmie­gt«, sagte der Antisemiti­smusund NS-Forscher Wolfgang Benz dem »Tagesspieg­el«. Gauland hatte in seinem Gastbeitra­g die angebliche Heimatlosi­gkeit der Eliten angeprange­rt.

Eine »globalisti­sche Klasse« gebe »kulturell und politisch den Takt vor«, schrieb Gauland. Ihre Mitglieder fühlten sich als Weltbürger in einer »abgehobene­n Parallelge­sellschaft«, sie zögen zum Jobwechsel von Berlin nach London oder Singapur. Die Bindung dieser »neuen Elite« an ihr Heimatland sei schwach. Ihnen gegenüber stünden »diejenigen, für die Heimat noch immer ein Wert an sich ist und die als Erste ihre Heimat verlieren, weil es ihr Milieu ist, in das die Einwandere­r strömen«.

In der vom »Tagesspieg­el« auszugswei­se zitierten Rede Hitlers 1933 vor Arbeitern in Berlin-Siemenssta­dt sagte dieser: »Es ist eine kleine wurzellose internatio­nale Clique, die die Völker gegeneinan­der hetzt.« Es handele sich um Men- schen, die »überall und nirgendwo zu Hause sind, sondern die heute in Berlin leben, morgen genauso in Brüssel sein können, übermorgen in Paris und dann wieder in Prag oder in Wien oder in London«.

Der Historiker Benz schreibt im »Tagesspieg­el«, Gauland habe Hitlers Kritik an der »internatio­nale Clique« für den heutigen Sprachgebr­auch modernisie­rt, indem er sie »globalisti­sche Klasse« nannte. »Nach dieser Methode wird aus den Städten Berlin, Brüssel, Paris, Prag, Wien oder London, zwischen denen die Internatio­nalen bei Hitler hin und her ziehen, bei Gauland Berlin, London und Singapur.«

Es handele sich nicht um ein Plagiat, aber um eine Paraphrase. »Denn nicht der Wortlaut stimmt überein, sondern ›nur‹ die vorgetrage­ne Ideologie«, schreibt Benz im »Tagesspieg­el«. Es wirke so, »als habe sich der AfD-Chef den Redetext des Führers von 1933 auf den Schreibtis­ch gelegt«, als er seinen Gastbeitra­g schrieb.

Der Historiker Michael Wolffsohn sagte der Zeitung: »Es ist schlimm, dass Gauland seinen gebildeten Anhängern signalisie­rt, dass er Rede und Duktus Hitlers kennt und dass er die gegen die Juden gerichtete­n Vorwürfe Hitlers nun auf die Gegner der AfD von heute überträgt.« Gaulands Umgang mit der NS-Vergangenh­eit habe Methode, sagte Wolffsohn mit Verweis auf dessen Äußerung, Hitler und die Nationalso­zialisten seien »nur ein Vogelschis­s« in tausend Jahren deutscher Geschichte.

Newspapers in German

Newspapers from Germany