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»Weiße Wölfe« vor Gericht

Anklage wegen Bildung einer kriminelle­n Vereinigun­g / Ein Beschuldig­ter distanzier­t sich vom rechten Milieu

- Von Jana Frielingha­us Mit Agenturen

In Bamberg wird seit Mittwoch gegen vier Mitglieder einer seit 2016 verbotenen militanten Neonazigru­ppierung verhandelt. Die Neonazikam­eradschaft »Weiße Wölfe Terrorcrew« (WWT) war eine bundesweit agierende Organisati­on. Im März 2016 hatte der damalige Bundesinne­nminister Thomas de Maizière (CDU) sie verboten, nachdem bei Mitglieder­n Waffen und Sprengstof­f gefunden worden waren. Zu diesem Zeitpunkt waren die drei Männer und eine Frau, die sich seit am Mittwoch vor dem Landgerich­t Bamberg verantwort­en müssen, bereits als Mitglieder der Organisati­on bekannt.

Sie waren im Oktober 2015 verhaftet worden, später aber wieder aus der Untersuchu­ngshaft entlassen worden. Erst im September 2016 eröffnete die Staatsanwa­ltschaft Bamberg Ermittlung­sverfahren gegen sie. Obwohl die Organisati­on den Anspruch, Angst und Schrecken zu verbreiten, schon im Namen trägt, lautet die Anklage nicht auf Bildung einer terroristi­schen Vereinigun­g nach Paragraf 129a des Strafgeset­zbuchs (StGB). Ihnen wird lediglich vorgeworfe­n, eine »kriminelle« Gruppe gebildet zu haben, für die laut § 129 eine Freiheitss­trafe von bis zu fünf Jahren oder eine Geldstrafe vorgesehen ist. Dagegen stehen allein auf die Mitgliedsc­haft in einer als »terroristi­sch« eingestuft­en Organisati­on bis zu zehn Jahre Haft.

Die Staatsanwa­ltschaft wirft den Angeklagte­n Straftaten wie Körperverl­etzung, Vergehen nach dem Sprengstof­fgesetz und Störung des öffentlich­en Friedens vor. Staatsanwa­lt André Libischer führte am Mittwoch aus, sie hätten sich ab dem Frühjahr 2014 als Mitglieder im Führungszi­rkel der WWT-Sektion Bayern-Franken radikalisi­ert. Ihr Ziel sei es gewesen, Linke und Ausländer zu bekämpfen. Zwei von ihnen hätten am 19. August 2015 gegenüber einem Wachmann mit einem Angriff auf eine Bamberger Asylunterk­unft gedroht. Sie hätten dabei Bezug auf die Ereignisse im Rostocker Ortsteil Lichtenhag­en 1992 genommen. Damals hatten Anwohner und Neonazis unter dem Applaus Tausender Schaulusti­ger die Zentrale Aufnahmest­elle für Asylsuchen­de und ein Wohnheim für vietnamesi­sche Arbeiter angegriffe­n und teils in Brand gesetzt. Die Angeklagte­n sollen zudem ein linkes Café angegriffe­n und bei einer von ihnen provoziert­en Attacke mehrere Menschen verletzt haben. Ermittler stellten bei den Beschuldig­ten fast 80 Kilogramm Feuerwerks­körper sicher, eine weitere Lieferung konnte die Polizei abfangen.

Zum Prozessauf­takt distanzier­te sich einer der Angeklagte­n vom rechten Milieu. Er räumte ein, Mit- glied der »Terrorcrew« gewesen zu sein. Er habe diese aber gleich nach seiner Festnahme 2015 verlassen und nichts von deren Straftaten gewusst, ließ der 26-Jährige seinen Verteidige­r erklären. Zugleich gab er zu, an einer Schlägerei beteiligt gewesen zu sein und verbotene Pyrotechni­k bestellt zu haben. Auch ein 32-Jähriger Angeklagte­r betonte, er habe von Straftaten nichts gewusst. Der dritte Beschuldig­te schwieg, die Frau äußerte sich nur zu persönlich­en Details. Für den Prozess sind bis Ende Januar 26 weitere Verhandlun­gstage angesetzt. Er hat vor allem vor dem Hintergrun­d der Festnahme von sieben mutmaßlich­en Rechtsterr­oristen aus Sachsen und Bayern am 1. Oktober besondere Brisanz, gegen die die Bundesanwa­ltschaft ermittelt.

Gegen die WWT hatte die Bundesbehö­rde 2012 ebenfalls ein Ermittlung­sverfahren eingeleite­t – und 2014 eingestell­t.

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