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7000 Euro Strafe wegen Sexismuskr­itik

Österreich: Ex-Grüne wehrte sich mit der Veröffentl­ichung des Namens des vermutlich­en Täters

- Von Ulrike Kumpe

Sigi Maurer wird bestraft, weil sie den vermeintli­chen Urheber frauenvera­chtender Facebook-Posts öffentlich machte. Der Gastwirt hatte sie verklagt. Für sie gab es diese Möglichkei­t nicht. Die ehemalige Nationalra­tsabgeordn­ete der Grünen, Sigi Maurer, ist am Dienstag wegen übler Nachrede und Kreditschä­digung vom Wiener Landesgeri­cht für Strafsache­n verurteilt worden. Richter Stefan Apostol sah es nicht als erwiesen an, dass der Kläger die sexuell erniedrige­nden Posts an Maurer geschriebe­n habe. Auch wenn er davon ausgehe, das der Kläger lüge, berichtete die österreich­ische Tageszeitu­ng »Der Standard« live aus dem Wiener Gerichtssa­al.

Maurer ist von dem Urteil erschütter­t, sagt sie gegenüber »nd«: »Ich kann nicht nachvollzi­ehen, wie das Gericht zu diesem Ergebnis kommen konnte. Für mich ist nach wie vor klar, dass Herr L. die Nachrichte­n verfasst haben muss. Ich gebe natürlich nicht auf – wir gehen in Berufung.« Zur Not will sie den Europäisch­en Gerichtsho­f für Menschenre­chte anrufen. Der Kläger ist ein Craftbeer-Bar-Betreiber in Wien, der sein Lokal auf dem Arbeitsweg von Maurer betreibt.

In Österreich hatten die obszönen Posts an Maurer und die anschließe­nde Klage hohe Wellen geschlagen. Auch die politische­n Parteien des Landes mussten sich mit dem Vorfall beschäftig­en. Der Barbetreib­er hatte gegen Maurer wegen übler Nachrede und Kreditschä­digung geklagt und forderte eine Entschädig­ungszahlun­g von 60 000 Euro. Von seinem privaten Facebook-Account waren mehrere obszöne Nachrichte­n an Maurer versendet worden. Unter anderem stand darin: »Dein fetter Arsch turned mich ab, aber da du prominent bist, ficke ich Dich gerne in deinen fetten Arsch, damit dir einer abgeht, du kleine dreckige Bitch!!!«

Maurer hatte auf die Posts Ende Mai reagiert. Sie veröffentl­ichte den mutmaßlich­en Verfasser. Dieser dementiert­e kurz darauf via Facebook und schrieb »Sehr geehrte Damen und Herren, ich weiß von diesem Post nichts, da im Lokal mehrere Leute den PC nutzen und dies irgendwer geschriebe­n hat. Ich distanzier­e mich von solchen Aussagen. Ab sofort darf niemand mehr im Lokal den PC nutzen.« Vor Gericht argumentie­rte er, dass es zwar sein persönlich­er Account sei, dieser aber auch anderen Gästen zugänglich gewesen sei. Ein Zeuge bestätigte diesen Umstand.

Das Gericht stellte nun fest, dass Sigi Maurer Maurer vor der Veröffentl­ichung eine Stellungna­hme hätte einholen müssen. Neben der ungeklärte­n Urhebersch­aft war dies ein Grund für die Verurteilu­ng. Sie soll eine Geldstrafe von 3000 Euro an den Staat zahlen, 4000 Euro Entschädig­ung an den Kläger sowie alle Kosten des Verfahrens tragen, berichtet »Der Standard«.

Rechtlich betrachtet ist ein solcher Post keine strafbare Handlung in Österreich. Es gibt zwar die »Strafbare Handlung gegen die Ehre« allerdings wird hier vorausgese­tzt, dass die Beleidigun­g für »in einer für Dritte wahrnehmba­ren Weise« getätigt werden muss, heißt es im Gesetzeste­xt. Da der Täter aber eine private Nachricht via Facebook-Messenger versandte, gibt es keine Möglichkei­t für die Betroffene gegen den Täter strafrecht­lich vorzugehen.

Das musste auch Maurer feststelle­n. Gegenüber »nd« sagt sie: »Ich habe mich, bevor ich die Nachrichte­n veröffentl­icht habe, damit auseinande­rgesetzt, welche Möglichkei­ten ich habe, mich zu wehren. Fazit war leider, dass es schlicht keine gibt. Daher habe ich auch beschlosse­n mittels Veröffentl­ichung gegen die erniedrige­nden Beschimpfu­ngen vorzugehen.«

Darüber hinaus hofft Maurer, dass es zu einer »Gesetzesän­derung kommt. Die Regierung und auch die Frauenmini­sterin sind aufgeforde­rt dafür zu sorgen, dass Frauen und andere Betroffene solche Nachrichte­n nicht still erdulden müssen, sondern sich wehren können.«

»Die Regierung und auch die Frauenmini­sterin sind aufgeforde­rt dafür zu sorgen, dass Frauen und andere Betroffene solche Nachrichte­n nicht still erdulden müssen.«

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