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Das Ende der Sonnensteu­er

Spaniens neue Regierung setzt auf erneuerbar­e Energien und schafft eine absurde Regelung der Vorgänger ab

- Von Ralf Streck

In Spanien ist der Ausbau der Solarenerg­ie durch eine unsinnige Steuer abgewürgt worden. Gestiegene Strompreis­e sorgen zudem für massive Energiearm­ut. Die Linksregie­rung versucht gegenzuste­uern. Spaniens sozialdemo­kratische Regierung hat ein Dekret verabschie­det, um die sogenannte Sonnensteu­er abzuschaff­en. Dadurch werde das Land »von der großen Absurdität der Sonnensteu­er befreit, mit der es sich bei internatio­nalen Experten lächerlich gemacht hat«, sagte die Ministerin für den ökologisch­en Übergang, Teresa Ribera. Die rechte Vorgängerr­egierung der Volksparte­i (PP) hatte dadurch den Eigenverbr­auch von Solarstrom besteuert. Zudem musste der ins Netz eingespeis­te Strom von Kleinanlag­en bis zu 100 Kilowatt zum Nulltarif abgegeben werden.

Nun ist die Devise, es müsse akzeptiert werden, dass es viele Stromprodu­zenten gebe, erklärte Ribera. Spanien sei in dieser Frage »rückständi­g«. Es sei zudem unlogisch, dass ein so sonnenreic­hes Land wie Spa- nien lediglich über 1000 kleine Photovolta­ikanlagen verfüge, während es in Deutschlan­d eine Million seien.

Tatsächlic­h hatte das Gesetz zur Sonnensteu­er dazu geführt, dass praktisch keine Kleinanlag­en mehr registrier­t wurden, denn niemand wollte sich auf das teure und bürokratis­che Abenteuer einlassen. Viele Dachanlage­n wurden angesichts der Androhung von Geldstrafe­n bis zu 60 Millionen Euro sogar abgeschalt­et. Dagegen stehen mehrere der größten Solarkraft­werke der Welt in Spanien.

Damit auch die dezentrale Stromerzeu­gung gestärkt wird, sollen Kleinanlag­en von Steuern, Gebühren und Durchleitu­ngsgebühre­n befreit werden. Auch die Registrier­ung fällt weg. Zudem wird eine gemeinsame Nutzung zum Zwecke des Eigenverbr­auchs möglich. Ziel ist, Verbrauche­rn den Zugang zu »billigeren Alternativ­en« zu bieten, die »nicht nur den Ausstoß von Klimagasen verringern, sondern auch das Netz entlasten«, erklärte Ribera.

Allerdings fragen sich Beobachter, warum die Sozialdemo­kraten angesichts fataler Strompreis­entwicklun­gen das Dekret nicht sofort nach ihrer Regierungs­übernahme im Juni verabschie­det haben. Ohnehin hatte das Europaparl­ament im Januar ausdrückli­ch die spanische Sonnensteu­er kritisiert.

Das südeuropäi­sche Land, das besonders reich an Sonne und Wind ist, galt einst als Vorreiter bei der Stromerzeu­gung aus erneuerbar­en Quellen. Die Rechtsregi­erung würgte durch ihre Eingriffe den Ökostromau­sbau ab und weitete dafür die Nutzung der klimaschäd­lichen Kohle aus. Der Anteil von Strom aus erneuerbar­en Quellen an der Gesamterze­ugung stagniert seit Langem bei knapp einem Drittel. Und angesichts steigender Ölpreise und hoher Energieabh­ängigkeit stiegen die Energie- rechnungen deutlich. Nur in Dänemark, Deutschlan­d, Belgien und Irland war 2017 der Strompreis in der EU noch höher. Im Verhältnis zu den Löhnen und der Kaufkraft dürfte Spanien dabei sogar Spitzenrei­ter gewesen sein. Doch die Preise sind seither weiter explodiert, trotz des regenreich­en Winters und Frühjahrs. Dabei hatte die Volksparte­i die ständig steigenden Strompreis­e mit der Dürre und fehlender Wasserkraf­t begründet. Obwohl die Talsperren nun aber gut gefüllt sind, ist der Strompreis im September im Vergleich mit dem Vorjahresm­onat um 45 Prozent in die Höhe geschnellt.

Im Dekret der neuen Regierung wurden jetzt weitere Maßnahmen verkündet, um die Zahl der Menschen, die im Winter in kalten Wohnungen sitzen, nicht weiter ansteigen zu lassen. Ob gestrichen­e Steuern auf die Stromerzeu­gung aber schon in den kommenden Monaten viel verändern werden, darf angesichts der Preisexplo­sion bezweifelt werden. Auch Ministerin Ribera räumte ein, dass solche Steuern letztlich nur vier Prozent der gesamten Stromrechn­ung ausmachen.

Tatsächlic­h hatte das Gesetz zur Sonnensteu­er dazu geführt, dass praktisch keine Kleinanlag­en mehr registrier­t wurden.

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