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Passagiere retten »Friesenfäh­re« mit Notpaddeln

Behelfssch­iff soll 2015 zerstörte Emsbrücke zunächst ersetzen – kurz nach dem Start trieb es ohne Sprit auf dem Fluss

- Von Hagen Jung

Es dauerte fast drei Jahre, bis nach dem Einsturz der wichtigen Friesenbrü­cke über die Ems endlich wenigstens eine Personenfä­hre eingericht­et wurde. Doch sie sorgte gleich für neue Schlagzeil­en. Brücke kaputt? Eine Fähre muss her. Kein Problem. Ein Schiffchen wird besorgt, zwei Pontons als Anleger am Ufer festgemach­t, und schon kommen zumindest Fußgänger und Radler wieder über den Fluss. Wer so denkt, weiß wenig von der Gründlichk­eit deutscher Behörden. Ein Lehrstück dafür, wie sie den Weg übers Wasser verzögern können, ist der Werdegang einer Verbindung über die Ems in Ostfriesla­nd.

Als die Fähre jetzt endlich starten durfte, gab es schon am Tag nach der Jungfernfa­hrt neuen Ärger, allerdings nicht in Amtsstuben verursacht, sondern vom Mangel an Diesel. Die »Friesenfäh­re« blieb mitten im Fluss liegen. Keine ungefährli­che Situation, hätten doch schwere Frachtkähn­e nahen und den manövrieru­n- fähigen Havaristen rammen können. So wie ein großer Kahn im Dezember 2015 die Friesenbrü­cke gerammt und zerstört hatte. Sie führte bis zu diesem Vorfall Eisenbahne­n sowie Fußgänger und Radfahrer zwischen den Orten Weener und Westoverle­dingen über die Ems.

Vorübergeh­ender Ersatz soll nun die »Friesenfäh­re« für maximal zwölf Passagiere sein. Sie mussten, als der Motor plötzlich ausfiel, zu Notpaddeln greifen und das kleine Schiff in die Nähe des Anlegers bewegen. Dort stehenden Menschen warf der Fährenkapi­tän ein Seil zu, mit dem kräftige Leute das Boot ans Ufer zogen.

Die Idee zum Fähreneins­atz war aus Papenburg von der Meyer-Werft und dem Schifffahr­tsunterneh­men Schulte & Bruns gekommen, nachdem feststand, dass bis zum Brückenneu­bau einige Jahre ins Land gehen werden. Zu Pfingsten 2017 sollte das Schiffchen starten – mit Benzinmoto­r. Doch schon gab es ein Nein von der Kreisverwa­ltung in Leer. »Zu brandgefäh­rlich«, hieß es. Auch in puncto Anleger gebe es noch einiges zu klären.

Das geschah. Anfang 2018 kam die Meldung: In diesem Jahr legt die Fähre ab, und wieder sollte Pfingsten gestartet werden, wieder wurde nichts daraus. Das Schiff, diesmal eines mit Dieselantr­ieb, war noch nicht fertig. Doch auch die Kreisverwa­ltung stellte die Signale weiter auf Rot. Sie argumentie­rte: Es fehlen statische Berechnung­en zum Anleger.

Endlich, Ende Juli, kam die Botschaft: Die Fähre ist eingetroff­en! Und nach einigen gelungenen Probefahrt­en wurde verkündet: Am 4. September beginnt der Fährbetrie­b. Denkste! Schon wieder hob die Kreisverwa­ltung ihre Stoppkelle hoch und forderte: Bei Weener müsse ein ordent- licher Weg zum Anleger gebaut werden. Der Anleger kann zwar auch über eine Deichtrepp­e erreicht werden, aber: Das widersprec­he dem Baurecht, auch sei solch ein Treppengan­g nicht von allen Fährnutzer­n »sicher zu bewältigen«, so die Behörde.

Den gewünschte­n Weg hat die Meyer-Werft mittlerwei­le bauen lassen. Sie trägt zusammen mit der Firma Schulte & Bruns die Kosten für Fähre und Anleger. Über eine Million Euro, war zu hören, hat das Projekt die Firmen gekostet. Nun kann die »Friesenfäh­re« fahren – wenn sie genügend Diesel im Tank hat. Dass der Spritmange­l am zweiten Betriebsta­g nicht rechtzeiti­g aufgefalle­n war, habe an einer defekten Tankuhr gelegen, heißt es.

Verkehren soll das Schiffchen, bis dass der zerstörte Überweg durch eine Drehbrücke ersetzt ist. Nach derzeitige­r Planung soll sie 2024 fertig sein, kosten könnte sie zwischen 66 und 80 Millionen Euro. Doch falls Naturschut­zverbände gegen das Vorhaben klagen, wäre der Zeitplan kaum zu halten, zitiert der NDR einen Bahnsprech­er.

Ein großer Kahn hatte die Friesenbrü­cke im Dezember 2015 gerammt. Seitdem ist eine wichtige Verbindung über die Ems gekappt.

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Foto: dpa/Meyer Werft, M. Wessels Hatte einen schlechten Start: die »Friesenfäh­re«
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Foto: dpa/Lars Klemmer Dezember 2015: die Brücke über die Ems bei Weener

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