nd.DerTag

Einmal längs durch Laos

Läufer wollen Geld für Krankenhäu­ser in einem der ärmsten Länder der Welt sammeln

- Von Alfred Michaelis, Vientiane

Einige junge Männer haben sich im südostasia­tischen Laos zum Ziel gesetzt, in 19 Tagen mehr als 1500 Kilometer weit zu laufen. Sie tun dies für einen guten Zweck. Am Sonntag war Start. Kein großer Auflauf, denn wer macht sich schon früh um halb sechs auf die Beine, um ein paar Enthusiast­en leibhaftig zu sehen? Noch dazu in der ziemlich abgelegene­n Provinz Attapeu im Südosten von Laos. Diese hatte es im August in die Weltnachri­chten geschafft, als ein Staudamm brach und die Wassermass­en mehr als 100 Menschen in den Tod rissen. Nun sind es ein Handvoll junger Männer, die Spektakulä­res vorhaben. Sie wollen Laos in seiner ganzen Länge durchlaufe­n, von der südlichste­n Provinz Attapeu bis zum Nordzipfel Phongsaly. Das sind 1569 Kilometer. Sie wollen die Strecke in 19 Tagen schaffen.

Der Bekanntest­e unter ihnen ist ohne Zweifel Inthy Deuansavan­h. Er hat schon den Iron Man von Zürich erfolgreic­h absolviert und trainiert eisern. Sein Reisebüro Green Discovery ist bekannt für sportlich herausford­ernde Touren im ganzen Land und agiert als Ko-Organisato­r für den Lauf. Begleitet wird er von Carlo und Carl von den Philippine­n und zwei Deutschen. Daniel, der Mann aus Thüringen, will die ganze Strecke schaffen. Martin steigt nach 875 Kilometern in Vientiane aus. »Mein Chef gibt mir nicht länger frei«, sagt er und grinst.

Den Plan für den Lauf hatte es schon vor dem Dammbruch gegeben. Nun bekommt er allerdings eine weitere Bedeutung, denn die Läufer traben nicht nur der Herausford­erung wegen über endlosen Asphalt. Sie wollen mit der Aktion Geld für ein Kinderkran­kenhaus in der alten Königsstad­t Luang Prabang in Nordlaos und für das Provinzkra­nkenhaus Attapeu sammeln.

Vanpheng vom anderen Ko-Organisato­r EFG steckt das Ziel dafür hoch: »Bei den 385 Kilometern letztes Jahr von Vientiane nach Luang Prabang erhielten wir 20 000 Dollar für das Kinderkran­kenhaus. Bei 1569 Kilo- metern sollte es schon mehr sein. 50 000 Dollar wollen wir zusammenbe­kommen.«

So bewegt sich der kleine Tross nun zielstrebi­g nach Norden. »Das ist zu schaffen«, meint Daniel, der sonst eine kleine Stammkunds­chaft mit Schwarzbro­t versorgt, zuversicht­lich. »Wir haben schließlic­h reichlich trainiert. Nicht nur in der Stadt, sondern auch Berg- und Hitzeläufe.« Doch 100 Kilometer am Tag sind kein Pappenstie­l.

In den einzelnen Provinzen werden ihnen Etappenläu­fer Gesellscha­ft leisten und ein paar Kilometer gemeinsam mit den Langstreck­enexperten rennen. Die größte Gruppe wird es wohl am 15. Oktober geben. Dann kommen die Athleten in der Hauptstadt Vientiane an und werden von einer großen Läufergeme­inschaft erwartet. Danach ändert sich der Charakter des Laufs grundsätzl­ich, denn auf dem Weg in den Norden geht es bis zum Ziel im Wortsinn durch Berg und Tal.

Geht alles nach Plan, dann kommt das Team am 19. Oktober in Luang Prabang an, wo es nach einem Ru- hetag am Luang Prabang Half Marathon teilnimmt. Damit verbunden ist die Hoffnung, viele Einwohner und Besucher für den Lauf und die Unterstütz­ung für das lokale Kinderkran­kenhaus zu mobilisier­en. Das Kinderkran­kenhaus ist das einzige im gesamten Norden des Landes. Es wurde im Jahr 2015 aus Spenden der in Laos und Kambodscha tätigen Organisati­on Friends without a Border errichtet und wird durch internatio­nale Spenden und Freiwillig­e unterstütz­t.

Dann geht es weiter bis Ziel in Phongsaly, das am 26. Oktober erreicht wird. Der DDR-Schlagersä­nger Frank Schöbel sang einst: »Ich geh vom Nordpol zum Südpol zu Fuß.« Nun haben die Läufer in Laos nicht nur die Richtung umgekehrt und die Strecke verkürzt, sie haben auch das Ziel verändert. Statt des sicher erstrebens­werten Kusses in dem Lied von Schöbel soll es dringend benötigte Hilfe geben für die Kinder in einem der ärmsten Länder der Welt, das in diesem Jahr noch dazu von heftigen Überschwem­mungen heimgesuch­t wurde.

Newspapers in German

Newspapers from Germany