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Deutschlan­d rüstet Saudis weiter auf

Große Koalition will im Koalitions­vertrag verankerte­n Exportstop­p von Kriegsmate­rial aufweichen

- Von Aert van Riel

Die SPD streitet über die Rüstungsex­portpoliti­k. Denn trotz der humanitäre­n Katastroph­e in Jemen soll die saudisch geführte Allianz weiteres Militärmat­erial aus Deutschlan­d erhalten. Die Bundesregi­erung will weiterhin Rüstungsex­porte an SaudiArabi­en und andere Länder genehmigen, die direkt am Krieg in Jemen beteiligt sind. Am Mittwoch zitierte »Spiegel Online« aus einem Brief des Bundeswirt­schaftsmin­isteriums an den SPDAbgeord­neten Thomas Hitschler. Darin wird ein grundsätzl­iches Embargo für Rüstungsex­porte an die Staaten ausgeschlo­ssen. Stattdesse­n soll es »Einzelfall­prüfungen« geben. Dabei soll zum einen die Verwicklun­g des jeweiligen Landes in den Krieg im Süden der arabischen Halbinsel beleuchtet werden. Außerdem ist es entscheide­nd, welche Waffen angefragt werden und wozu sie eingesetzt werden können.

Das widerspric­ht dem Koalitions­vertrag von Union und SPD. In dem Papier hatten sich die Regierungs­parteien darauf geeinigt, dass ab sofort keine Ausfuhren an Länder genehmigt würden, solange diese unmittelba­r am JemenKrieg beteiligt seien. Zugleich wurde vereinbart, dass bereits erteilte Vorgenehmi­gungen nicht wieder zurückgeno­mmen werden.

Das hatte zur Folge, dass aus Deutschlan­d weiterhin diverses Kriegsmate­rial an die saudische Diktatur und ihre Verbündete­n geliefert wurde. Dem von Riad geführten Bündnis gehören auch die Vereinigte­n Arabischen Emirate, Ägypten, Bahrain, Jordanien, Kuwait, Marokko, Senegal und Sudan an. Der Wert der deutschen Ausfuhren an diese Länder seit März dieses Jahres betrug insgesamt 275,8 Millionen Euro.

Die Allianz unterstütz­t die jemenitisc­he Regierung seit mehr als drei Jahren im Kampf gegen schiitisch­e Huthi-Rebellen, die weite Teile des Landes kontrollie­ren. In Jemen herrscht eine humanitäre Katastroph­e. Mehr als zehn Millionen Kriegsflüc­htlinge müssen um ihr Überleben fürchten.

Es ist möglich, dass aus Deutschlan­d gelieferte Patrouille­nboote an der saudischen Seeblockad­e gegen Jemen beteiligt sind. Die Rüstungsex­portpoliti­k geht vielen Parlamenta­riern der SPD zu weit. Der Dortmunder Bundestags­abgeordnet­e Marco Bülow hatte bereits vor Wochen gefordert, dass die Exportgene­hmigungen zurückgeno­mmen werden müssten.

Dem Vernehmen nach stritten die sozialdemo­kratischen Abgeordnet­en am Dienstag bei einer internen Sitzung heftig über das Thema. Im Fokus stand dabei auch Außenminis­ter Heiko Maas, der sich um bessere Beziehunge­n zum saudischen Königshaus bemüht hatte. Die »Süddeutsch­e Zeitung« hatte Maas vor wenigen Wochen mit dem Satz zitiert, dass Riad eine »wichtige Rolle für Frieden und Stabilität in der Region und in der Welt« spiele.

SPD-Chefin Andrea Nahles hatte versucht, die Gemüter zu beruhigen. Sie behauptete, dass die SPD-Minister im Sicherheit­srat der Bundesregi­erung, der über Rüstungsex­porte entscheide­t, »hart dafür arbeiten«, dass der Koalitions­vertrag umgesetzt werde.

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