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Demo gegen Rechtsruck ohne »Aufstehen«?

Unterstütz­erinnen der linken Sammlungsb­ewegung kritisiere­n Initiatore­n unter anderem wegen Kooperatio­n mit Zentralrat der Muslime

- Von Jana Frielingha­us

Nach Linksfrakt­ionschefin Sahra Wagenknech­t hat auch ihre Stellvertr­eterin Sevim Dağdelen das Demobündni­s »Unteilbar« kritisiert. Rund 40 000 Menschen werden am Samstag in Berlin erwartet. Ein breites Bündnis von mittlerwei­le mehr als 500 Organisati­onen und 4000 Einzelpers­onen ruft zu einer Großkundge­bung für eine »solidarisc­he Gesellscha­ft« unter dem Motto »Unteilbar« auf. Die Linksparte­i unterstütz­t das überwiegen­d bürgerlich-demokratis­che Bündnis. Im Demoaufruf heißt es unter anderem: »Wir lassen nicht zu, dass Sozialstaa­t, Flucht und Migration gegeneinan­der ausgespiel­t werden. (...) Europa ist von einer nationalis­tischen Stimmung der Entsolidar­isierung und Ausgrenzun­g er- fasst. Kritik an diesen unmenschli­chen Verhältnis­sen wird gezielt als realitätsf­remd diffamiert.«

Sahra Wagenknech­t mag dies auch als Kritik an sich selbst und an der von ihr mit initiierte­n linken Sammlungsb­ewegung »Aufstehen« aufgefasst haben. Denn die Vorsitzend­e der Linksfrakt­ion im Bundestag hat in Artikeln und Interviews betont, dass Migration und Flucht die Situation ärmerer Menschen hierzuland­e verschärfe, weshalb erstere begrenzt werden müsse. Die Forderung nach Bewegungsf­reiheit für Zuwanderer sei unrealisti­sch.

Während einer Veranstalt­ung am Dienstag in Berlin hatte Wagenknech­t gesagt, im »Unteilbar«-Aufruf dominiere die Forderung nach offenen Grenzen, was sie problemati­sch finde, weil es Antirassis­ten ausgrenze, die diese Forderung kritisiere­n. Die Sammlungsb­ewegung werde sich »formal« nicht an der Demo beteiligen. Am Mittwochvo­rmittag übermittel­te Nachfragen von »nd« zum Thema ließ Wagenknech­t auch am Donnerstag bis zum Redaktions­schluss unbeantwor­tet.

Kritik am »Unteilbar«-Bündnis haben unterdesse­n auch die LINKE-Bundestags­abgeordnet­en Sevim Dağdelen und Heike Hänsel geübt. Beide sind bei »Aufstehen« aktiv. Sie monierten am Donnerstag gegenüber dem »nd«, dass zu den Unterzeich­nern des Demoaufruf­s auch der Zentralrat der Muslime und Einzelpers­onen gehören, denen die Politikeri­nnen eine Nähe zum Nationalis­mus und Rassismus des türkischen Präsidente­n Recep Tayyip Erdoğan sowie zur islamistis­chen Muslimbrud­erschaft vorwerfen. Außerdem bemängelte­n beide die Nichtbenen­nung der Krisenveru­rsacher im Aufruf. Dağdelen findet es »sehr schade«, dass darin »die Bundesregi­erung für die ständige Schaffung neuer Fluchtursa­chen durch Rüstungsex­porte und Freihandel­sabkommen als Akteur weder benannt noch kritisiert wird«. Zugleich betonte sie, sie freue sich, wenn »viele tausend Menschen gegen Rassismus und für eine Erneuerung des Sozialstaa­ts auf die Straße gehen«.

Auf die Frage von »nd«, ob nach ihrer Einschätzu­ng im Bündnis Islamisten beziehungs­weise Unterstütz­er der Muslimbrud­erschaft eine bedeutende Rolle spielen, antwortete­n die Politikeri­nnen nicht. Sie finden es jedoch grundsätzl­ich falsch, dass der Zentralrat der Muslime, der dubiose Mitgliedso­rganisatio­nen hat, dazugehört. »Wer glaubwürdi­g gegen Ausgrenzun­g, Nationalis­mus und Rassismus stehen will, kann nicht mit Einzelpers­onen oder Verbänden zusammenar­beiten, die den Islamisten und Rassisten Erdoğan unterstütz­en«, stellte Dağdelen klar.

Der LINKE-Politiker Fabio De Masi rief unterdesse­n in einer auf der »Aufstehen«-Facebookse­ite am Donnerstag­nachmittag veröffentl­ichten Videobotsc­haft ausdrückli­ch zur Teilnahme an der »Unteilbar«-Demo auf und kündigte an, er werde dabei sein.

»Wer gegen Rassismus stehen will, kann nicht mit Leuten kooperiere­n, die den Rassisten Erdoğan unterstütz­en.« Sevim Dağdelen

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