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Koalition ringt um einen Nachtragsh­aushalt

Zusätzlich­e Gelder könnten für S-Bahn-Waggons, den Schulbau und die Verwaltung zur Verfügung gestellt werden

- Von Martin Kröger

Mit 1,2 Milliarden Euro Überschüss­en kann das Land Berlin in diesem Jahr rechnen. Um die Mittel zielgerich­tet einzusetze­n, muss ein Nachtragsh­aushalt her, fordert die Linksfrakt­ion. Das Vorhaben ist ambitionie­rt. Die Mitarbeite­r der Senatsverw­altung für Finanzen gelten zwar als schnell und die Verwaltung ist die mit Abstand am besten ausgestatt­ete, aber einen Entwurf für einen Nachtragsh­aushalt für dieses Jahr aufzulegen, das wäre angesichts des fortgeschr­ittenen Zeitpunkts auch für die Mitarbeite­r von Finanzsena­tor Matthias Kollatz (SPD) eine sportliche Aufgabe. Schließlic­h ist es fast Mitte Oktober, und damit ein Nachtragsh­aushalt 2018 gültig aufgestell­t werden könnte, ist es zwingend erforderli­ch, dass er noch in diesem Jahr vom Abgeordnet­enhaus beschlosse­n wird.

Die Linksparte­i fordert dennoch eine nachträgli­che Korrektur des Haushalts. »Wenn wir keinen Nachtragsh­aushalt machen, fließen 900 Millionen Euro in die Tilgung und 300 Millionen Euro stehen für Investitio­nen zur Verfügung, es gibt aber keine Mittel für Personal«, sagt Linksfrakt­ionschef Udo Wolf. Die LINKE will deshalb über den Nachtragsh­aushalt lieber Gelder für den Ankauf von S-Bahn-Wagen, für das Eigenkapit­al der Wohnungsba­ugesellsch­aft HOWOGE für den Schulbau sowie 100 Stellen zur Beschleuni­gung des Wohnungsba­us zurücklege­n. Darüber hinaus soll ein Grundstück­sankaufsfo­nds aufgelegt werden, um dringend benötigte Wohnungsba­uflächen zu kaufen. »Wir ringen darum, wie wir Rot-Rot-Grün in der zweiten Hälfte der Legislatur besser umsetzen«, sagt Wolf.

Die Debatte, ob ein Nachtragsh­aushalt nötig ist oder ob – wie in den Vorjahren – mit den Überschüss­en getilgt wird und Investitio­nen über das Sonderverm­ögen der Wachsenden Stadt und Nachhaltig­keitsfonds (SIWANA) getätigt werden, läuft seit Längerem. Ein Knackpunkt ist, dass der Finanzsena­tor Kollatz auch Rücklagen für den BER im Nach-

tragshaush­alt verankern will. Das lehnen wiederum die Grünen ab.

»Das fällt nicht in die Kategorie sinnvolle Ausgaben«, sagt der haushaltsp­olitische Sprecher der Grünen-Fraktion, Daniel Wesener, dem »nd«. Sinnvolle Maßnahmen, das wären für die Grünen Investitio­nen, die nicht nur auf dem Papier stehen. Der Schulbau, die S-Bahn und die Grundstück­sankäufe, all das finden zwar auch die Grünen wichtig. Nur: »Das sind alles Maßnahmen, dafür brauchen wir keinen Nachtragsh­aushalt, das können wir auch wie bisher über SIWANA finanziere­n«, sagt Wesener. Und: »Wenn man Geld nicht ausgeben kann, dann macht es keinen Sinn, dafür mehr Geld zurückzule­gen.« Gemeint sind die zahlreiche­n Gelder, die Rot-RotGrün nicht ausgibt und die ebenfalls in den Jahresüber­schuss fließen. Aus der Perspektiv­e der Grünen sind Tilgungen deshalb »kein Teufelszeu­g«, sondern ergeben Sinn, so Wesener. Denn das Land Berlin habe immer noch 58 Milliarden Euro Schulden.

In der LINKEN gibt es dagegen eine andere Debatte: Innerparte­ilich wird kritisiert, dass Berlin jedes Jahr Milliarden­beträge tilgt, statt die Probleme der Stadt zu beseitigen.

»Wir ringen darum, wie wir Rot-Rot-Grün in der zweiten Hälfte der Legislatur besser umsetzen.« Udo Wolf, LINKE

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