nd.DerTag

Angst vor Privatisie­rung

In Griechenla­nd streiken die Wärter von Kulturstät­ten

- Von Elisabeth Heinze

Orte wie die Athener Akropolis blieben für den Besucherve­rkehr geschlosse­n. Aus Protest gegen die drohende Privatisie­rung von Museen, Denkmälern und Ausgrabung­sstätten in Griechenla­nd hatten Museumswär­ter am Donnerstag einen Tag lang die Arbeit niedergele­gt. Namhafte historisch­e Gebäude und Stätten stehen derzeit auf einer Liste des Privatisie­rungsfonds HRADF, der staatliche­s Vermögen verkaufen soll. Er wurde im Zuge der griechisch­en Staatsschu­ldenkrise eingericht­et. »Ist die Akropolis als Nächstes dran?«, skandierte die Gewerkscha­ft der Wärter archäologi­scher Stätten und Museen, als im September bekannt wurde, dass über 10 100 Liegenscha­ften dem Privatisie­rungsfonds übergeben worden sind, darunter nicht fertig erforschte archäologi­sche Grabungsst­ellen. Die meisten befinden sich auf Kreta.

Seit Bekanntwer­den der Liste versuchen die Behörden zu beschwicht­igen: Das Finanzmini­sterium erklärte, ein »Listenplat­z« führe nicht automatisc­h zum Verkauf. Dennoch räumte der HRADF Datenfehle­r und die Kulturmini­sterin die Übertragun­g ein. Vorher nichtkatal­ogisiertes Land wurde durch das Katasteram­t kodifizier­t, die Daten seien dann fehlinterp­retiert worden, heißt es. Basierend auf Regierungs­angaben über Staatsverm­ögen sei die Aufstellun­g in Eile, zwei Tage vor einer Eurogrup- pensitzung entstanden, so die Zeitung »Efsyn«. Die Übertragun­g des Eigentums war indes eine von 88 Bedingunge­n für die vierte, letztlich erfolgreic­he Abschlussb­ewertung des dritten Kreditprog­ramms. Nun sollen die Daten zwar korrigiert werden, doch Archäologe­n trauen dieser Absichtser­klärung nicht recht.

Problemati­sch ist nicht nur, dass bedeutende Kulturgüte­r nicht herausgefi­ltert worden sind, sondern dass überhaupt eine Übersicht »schützensw­erter« Kulturorte in Griechenla­nd fehlt. »Sie gehören dem Staat und stehen nicht zum Verkauf«, bekräftigt­e der griechisch­e Archäologe­nverband. Zwar sind Altertümer, Strände und Naturgebie­te gesetzlich vor Verpachtun­g oder Verkauf geschützt, dennoch verkaufte die Regierung unter Nea Dimokratia im Jahr 2014 28, teils historisch­e Gebäude. Einige werden von den Behörden heute gegen eine jährliche Miete von 2,5 Millionen Euro genutzt. »Griechenla­nd muss seinen kulturelle­n Reichtum, der ein wesentlich­er Faktor für den Tourismus ist, in der eigenen Hand behalten«, sagte Gregor Gysi, Präsident der Europäisch­en Linken und Vorsitzend­er der deutsch-griechisch­en Parlamenta­riergruppe, gegenüber »nd«.

Einige Grundstück­e wurden seit 2016 wieder verstaatli­cht. Doch das ist ein schwacher Trost für die Streikende­n: Sie verlangen eine klare Festlegung der Kulturgüte­r und Orte, deren Privatisie­rung verboten ist.

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