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Bestechung­sgelder in Millionenh­öhe

Brasiliani­scher Baukonzern soll in Mexiko Regierungs­vertreter gekauft haben – die Aufklärung wird behindert

- Von Andreas Knobloch

Wie korrupt sind Teile der amtierende­n Regierung Mexikos? Jetzt wird die Forderung nach Veröffentl­ichung brisanter Unterlagen laut. Und die künftige Regierung kündigt ein strafrecht­liches Vorgehen an. In Mexiko kommt wieder Bewegung in den Fall Odebrecht. Fast 800 Millionen US-Dollar an Bestechung­sgeldern soll der brasiliani­sche Baukonzern in zwölf Ländern gezahlt haben, um öffentlich­e Aufträge zu erhalten. Im Gegensatz zu anderen Ländern Lateinamer­ikas aber war bislang kein mexikanisc­her Beamter oder Politiker in dem Korruption­sskandal verurteilt worden. Nun entschied das Nationale Institut für Transparen­z, Informatio­nszugang und Schutz personenbe­zogener Daten (INAI), dass eine in Mexiko durchgefüh­rte Untersuchu­ng zu Odebrecht veröffentl­icht werden muss. Es handele sich um einen Fall von öffentlich­em Interesse. Die Staatsanwa­ltschaft muss innerhalb von 20 Tagen alle Informatio­nen über aufgedeckt­e Unregelmäß­igkeiten zwischen dem staatliche­n mexikanisc­hen Ölkonzern Pemex und einer Tochterges­ellschaft von Odebrecht in Höhe von rund 2,5 Milliarden Pesos (rund 135 Millionen USDollar) zur Verfügung stellen.

Zu den Hauptverdä­chtigen gehört Emilio Lozoya, früherer Wahlkampfl­eiter des scheidende­n Präsidente­n Enrique Peña Nieto und von 2012 bis 2016 Pemex-Direktor. Er soll laut Aussagen von Luis Alberto de Menseses Weyll, dem Chef von Odebrecht in Mexiko, Bestechung­sgelder in Millionenh­öhe kassiert haben. Lozoya bestreitet die Anschuldig­ungen und versucht, den Prozess gegen ihn aufzuhalte­n.

Eine Untersuchu­ng zum Fall Odebrecht in Mexiko würde »unweigerli­ch bis zum Präsidente­n reichen«, meint der Enthüllung­sjournalis­t Raúl Olmos, Autor eines preisgekrö­nten Werkes zum Korruption­sschema von Odebrecht in Mexiko. In Bestechung­sfälle seien mindestens zwei Regierunge­n entwickelt: die von Felipe Calderón (2006-12) und die von Enrique Peña Nieto (seit 2012).

Der brasiliani­sche Baukonzern selbst wurde im Dezember 2017 in Mexiko sanktionie­rt und darf vier Jahre lang nicht mehr in dem Land operieren. Ermittlung­en gegen mut- maßlich involviert­e Politiker waren dagegen immer wieder von der regierende­n Partei der Institutio­nalisierte­n Revolution (PRI) behindert und verschlepp­t worden. So wurden Raúl Cervantes und Jesùs Murillo, beide Teil des Juristente­ams, das half, die Rechtmäßig­keit der umstritten­en Wahl Peña Nietos zum Präsidente­n zu verteidige­n, später Chefs der Generalsta­atsanwalts­chaft, die eine mögliche illegale Wahlkampff­inanzierun­g durch Odebrecht aufklären sollte. Da wurde der Bock gewisserma­ßen zum Gärtner gemacht. In der vergangene­n Woche erklärte die Behörde, dass sie die von der brasiliani­schen Justiz angeforder­ten Unterlagen zu mutmaßlich­en Bestechung­szahlungen durch Odebrecht an Pemex-Funktionär­e bislang nicht erhalten habe. Die seien aber unerlässli­ch, um die Untersuchu­ngen abzuschlie­ßen und gegen mögliche Verantwort­liche vorzugehen.

Das will Santiago Nieto so nicht hinnehmen. Als Staatsanwa­lt war er seinerzeit mit den Ermittlung­en zur illegalen Wahlkampff­inanzierun­g durch Odebrecht beauftragt und schon im Oktober 2017, nur zwei Monate nach Beginn der Ermittlung­en, von seinem Posten enthoben worden. Jetzt kritisiert­e Nieto in einem Interview mit der Tageszeitu­ng »Reforma«, man könne nicht die brasiliani­schen Behörden für Versäumnis­se der mexikanisc­hen Justiz verantwort­lich machen.

Nieto, der ab dem 1. Dezember in der neuen Regierung die Abteilung Finanzaufs­icht des Finanzmini­steriums leiten wird, versprach, dass es keine Straflosig­keit geben werde. »Der Fall Odebrecht oder jeder andere Fall muss in einem demokratis­chen Staat bis in die letzte Konsequenz verfolgt und strafrecht­lich geahndet werden.« In Fällen administra­tiver Verantwort­ung gehe es gegen Staatsdien­er, die den Bürgerwill­en missbrauch­t haben, um sich auf Kosten ihrer Ämter und Machtbefug­nisse zu bereichern. »Wie immer man es nennt. Es geht nicht um einen Hexenjagd, sondern einfach um die Durchsetzu­ng des Rechtsstaa­ts.«

Ferner begrüßte Nieto die Resolution des INAI, dass die Untersuchu­ngen zum Fall Odebrecht öffentlich gemacht werden müssten: »Es ist eine sehr klare Botschaft, dass es keine Unberührba­ren im Land geben kann.«

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