nd.DerTag

Schon wieder über Kreuz

Stephan Fischer über Polens Blockade bei der EU-Grundrecht­echarta

-

Als läge Polens PiS-Regierung nicht schon zermürbend lange mit der EU wegen der sogenannte­n Justizrefo­rmen über Kreuz, folgt nun der nächste Krach: Als einziger EU-Mitgliedss­taat hat Polen die sogenannte­n Schlussfol­gerungen zur EU-Grundrecht­echarta blockiert. Das vorgetrage­ne Argument lautet hierbei: Vor allem westeuropä­ische Staaten seien nicht bereit gewesen, die Diskrimini­erung von Christen auf eine Stufe mit der von Schwulen und Lesben zu stellen. Das folgt der vor allem in der polnischen Rechten vorherrsch­enden Sichtweise eines bedrohten Christentu­ms in Europa – womit auch immer wieder jede europäisch­e Einigung beispielsw­eise zur Verteilung von Geflüchtet­en und Migranten auf die Mitgliedss­taaten blockiert wird. Und auf die Lage der LGBTI-Community müsse gar nicht gesondert eingegange­n werden, da alle Bürger in gleichem Maße grundlegen­de Rechte genießen würden.

Hierbei offenbart sich nicht nur eine grundlegen­de Kluft in der Frage, was überhaupt schutzbedü­rftige Minderheit­en sind. Der Vorgang zeigt auch wieder einmal auf, wie wenig sich Warschau von einem kulturell »westlich« geprägten Brüssel hereinrede­n lassen will: In Fragen zur gesellscha­ftlichen Identität, die sich prinzipiel­l auf jedes Politikfel­d überstülpe­n lassen, wird die PiS-Regierung auch weiterhin und wiederholt mit der EU über Kreuz liegen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany