nd.DerTag

»Auf der anderen Seite«

- Von Nelli Tügel

Seit vielen Jahrzehnte­n kämpft Günter Nooke gegen die »Es war nicht alles schlecht«-Mentalität an – wenn es um die DDR geht. Der ehedem Bürgerbewe­gte und derzeitige Afrika-Beauftragt­e der Bundesregi­erung ist Anhänger der Totalitari­smustheori­e. 1996 war er Mitbegründ­er des »Vereins zur Aufarbeitu­ng von Folgeschäd­en der SED-Diktatur«.

In Sachen Aufarbeitu­ng von Kolonialve­rbrechen hat sich Nooke indes als großer Relativier­er geoutet, der gerne mal beide Augen zudrückt und dafür das Argument »Es war nicht alles schlecht« bemüht. Offenbar unbeeindru­ckt davon, dass unter anderem Millionen Afrikaner als Sklaven verschlepp­t wurden und die Kolonialmä­chte mehrere Völkermord­e verübten, sagte er im Gespräch mit dem Berliner Boulevardb­latt »B.Z.«: »Es gibt schon Nachwirkun­gen. Schlimm waren die Sklaventra­nsporte nach Nordamerik­a. Auf der anderen Seite hat die Kolonialze­it dazu beigetrage­n, den Kontinent aus archaische­n Strukturen zu lösen. Experten, auch Afrikaner, sagen: Der Kalte Krieg hat Afrika mehr geschadet als die Kolonialze­it.«

Nachdem daraufhin ein Sturm der Entrüstung losbrach und erste Rücktritts­forderunge­n aus den Bundestagf­raktionen von Grünen, FDP und Linksparte­i laut wurden, beteuerte der 59-Jährige, es sei alles nicht so gemeint gewesen. Er habe die Kolonialze­it keineswegs verharmlos­en wollen.

Dass Nooke versehentl­ich uneindeuti­ge Aussagen gemacht hat, ist allerdings kaum anzunehmen. Denn der gebürtige Lausitzer steht seit fast 30 Jahren regelmäßig in der Öffentlich­keit; mit Medien müsste er sich inzwischen auskennen. So saß Nooke zur Wendezeit mit am »Zentralen Runden Tisch«, er war beim Bündnis 90 – und verließ dieses wegen der Fusion mit den Grünen. 1996 dann schloss sich Nooke den Christdemo­kraten an, für die er von 1998 bis 2005 im Bundestag saß. Seit 2006 ist Nooke als »Beauftragt­er« der Bundesregi­erung im Einsatz – zunächst für Menschenre­chtspoliti­k und Humanitäre Hilfe, seit 2010 für Afrika.

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Foto: dpa/Kay Nietfeld Findet, der Kolonialis­mus hatte auch gute Seiten: Günter Nooke

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